Bremer „Tatort“: Papa Müllmann

Im Bremer „Tatort“ regiert eine Gang von Müllmännern einen kompletten Straßenzug. Straff organisiert – wie die Mafia. Doch leider will der Film viel zu viel.

Die orange Gefahr. Bild: Radio Bremen/Jörg Landsberg

Regisseur Florian Baxmeyer hat in Bremen mittlerweile eine dauerhafte Beschäftigung gefunden: „Alle meine Jungs“ ist schon sein sechster „Tatort“, den er dort umgesetzt hat. Unter seiner Anleitung ermittelten Inga Lürsen (Sabine Postel) und Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) schon in alten Stasi-Seilschaften, unter den EU-Grenzpolizisten von Frontex oder jagten Auftragskiller, deren Spuren durch ganz Deutschland und in höchste Polit- und Justizkreise führten.

Diesmal bleibt der Fall, den Erol Yesilkaya, Boris Dennulat und Matthias Tuchmann geschrieben haben, in Bremen. Er konzentriert sich gar auf eine Straße – die fest in der Hand von Müllmännern ist. Über der orangenen Gang thront nur noch einer: „der Papa“.

Eigentlich heißt der Papa Uwe Frank (Roeland Wiesnekker) und ist Bewährungshelfer – und bringt all seine schweren Jungs bei der Müllabfuhr unter, wo sie zu etwas mehr als bescheidenem Wohlstand kommen. Zumindest so lange sie sich an Papas Regeln halten. Wer die nicht beachtet, den finden dann halt Lürsen und Stedefreund tot im Müllwagen. Aber der Papa kümmert sich nicht nur um Morde, nein, er kümmert sich um alles. Für eine Verrentungsfeier besorgt er auch schon mal eine Stripperin, die in einer Mülltonne ins Lokal gekarrt wird und sich dann aus der orangenen Uniform schält.

Es hätte eine spannende Milieustudie über eine groteske Parallelgesellschaft werden können – aufgebaut auf Abfall. Selten wurde das Einsammeln von Müll so ästhetisch eingefangen: Zeitlupe, abklatschen, lachen, die geilsten Jungs der Stadt.

Sonntag, 20.15 Uhr, ARD: „Tatort: Alle meine Jungs“; Regie: Florian Baxmeyer, Drehbuch:Erol Yesilkaya, Boris Dennulat und Matthias Tuchmann, mit Sabine Postel, Oliver Mommsen, Camilla Renschke, Matthias Brenner, Jacob Matschenz.

Ein paar Genres zu viel

Doch leider will dieser „Tatort“ zu viel. Er stellt ein paar Fragen zu viel: Wieso musste Maik Decker sterben? Und wo ist Maik Deckers bester Freund, der ebenfalls Müllmann und nach der Tat abgehauen ist? Und wo ist das Video, mit dem Decker den Papa erpressen wollte? Und wie schafft es Papa Uwe Frank den Clan zu führen? Und wie kommen die Müllmänner zu ihren außerordentlich gut dotierten Verträgen? Und was hat das Ganze mit der weit verzweigten Müllmafia zu tun?

Und der Film bedient ein paar Genres zu viel: Wenn Stedefreund beispielsweise in Kung-Fu-Manier gegen vermummte Müllmänner kämpft, erinnert Baxmeyers „Tatort“ in seiner Absurdität an die „Hero Turtles“-Filme aus den 90er-Jahren. Wenn allerdings die junge Mutter Yvonne mit einer Pistole vergewaltigt wird, herrscht plötzlich brutaler Ernst: weniger „Turtles“, mehr „Der Pate“ oder „Good Fellas“.

Außerdem will der Film ja auch noch ein spannender Krimi sein. Doch das schafft er dann nicht mehr.

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