Prozess gegen Polizisten in Berlin: Schläge im Dienst vertuscht

Sechs Berliner Polizisten müssen sich wegen Strafvereitelung vor Gericht verantworten. Sie hatten einen Gewaltakt eines Kollegen vertuscht.

Hier wird verhandelt: das Kriminalgericht in Moabit. Bild: dpa

BERLIN taz | Ohne den geringsten Anlass zu haben, prügelte ein Polizist einem Bauarbeiter mit seinem Tonfa-Schlagstock auf den Kopf. Einmal, zweimal. Die Wucht war so groß, dass nicht nur der Stock zerbrach. Die Kopfhaut des Getroffenen platzte an zwei Stellen auf. Aus drei bis fünf Zentimeter langen Wunden strömte das Blut.

Der Vorfall hat sich bei einem Polizeieinsatz in Hellersdorf in der Silversternacht 2011 ereignet. Auf der Rückfahrt im Mannschaftswagen hätten die an dem Einsatz beteiligten Beamten beschlossen, den Schläger in ihren Reihen zu decken, ist die Staatsanwaltschaft überzeugt. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Täter in Uniform davon kommt, weil die Kollegen zusammenhalten. Korpsgeist nennt sich das.

Diesmal aber half der Kopsgeist nicht. Der 36-jährige Beamte Enrico Z. ist bereits rechtskräftig zu zehn Monaten Haft auf Bewährung wegen Körperverletzung im Amt verurteilt. Aber das ist nicht alles. Seit Donnerstag müssen sich sechs seiner damaligen Kollegen wegen Strafvereitelung im Amt vor dem Amtsgericht verantworten.

Rechts und links vor dem Richtertisch, neben ihren Verteidigern aufgereiht, sitzen die Angeklagten. Der Jüngste ist 38, der Älteste 55. Die Polizeikommissare, -oberkommissare oder Polizeihauptkommissare sind allesamt gestandene Polizisten. Die Gesichter sind verschlossen, keiner äußert sich zu dem Vorwurf. Die Verteidigung scheint darauf angelegt, zunächst die Zeugen zu hören und deren Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen.

Der Staatsanwalt wirkt am Donnerstag indes gelassen. Für ihn stellt sich der Sachverhalt so dar: Polizisten des Abschnitts 62, darunter Enrico Z., waren in der Silvesternacht 2011 wegen einer Schlägerei nach Hellersdorf gerufen worden. Ein 23-jähriger Bauarbeiter hatte vor dem Haus versucht, einen Streit zwischen einem Passanten und einer schwangeren Frau zu schlichten. Ohne Rechtfertigung habe der Polizist Z. auf den Bauabeiter eingeschlagen, heißt es.

Zu seinem Vorgesetzten habe Z. im Anschluss gesagt, er werde sich wegen der Schläge selbst anzeigen. Doch der Vorgesetzte habe ihm geraten zu sagen, aufgrund der matschigen Witterungsverhältnisse unglücklich gestürzt zu sein und den Bauarbeiter bei dem Sturz versehentlich verletzt zu haben. Mit den Kollegen sei verabredet worden, das wahre Geschehen zu verschweigen, ist der Staatsanwalt überzeugt.

Der Beamte Enrico Z. ist im Prozess der wichtigste Zeuge. Kommenden Dienstag soll er gehört werden. Nachdem er von dem Bauarbeiter wegen Körperverletzung angezeigt worden war, hatte Z. bei seinem eigenen Prozess im November 2012 reinen Tisch gemacht. Sein früherer Vorgesetzer, der jetzt vor Gericht stehende Marko M., habe sich um den zerbrochenen Tonfa gekümmert und für Ersatz gesorgt, hatte Z. in seinem Prozess gesagt.

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