Der sonntaz-Streit: Bananenstaatliche Verhältnisse

Uli Hoeneß möchte nicht in die JVA Landsberg – seiner Privatsphäre und der Sicherheit wegen. Eine Extrawurst für Promis? Martin Semmelrogge findet das gut.

Wer draufschauen kann, sitzt nicht drin: Die JVA Landsberg. Bild: dpa

Landsberg am Lech ist ein hübsches kleines Städtchen. Mit Bildern von bunten Häusern und sonnigen Promenaden präsentiert es sich auf seiner Webseite. Seit Neuestem ist der Name der oberbayerischen Stadt in aller Munde – allerdings nicht wegen seiner touristischen Reize.

Uli Hoeneß möchte nicht nach Landsberg. Zumindest nicht in die dortige JVA, denn durch einen kürzlich abgehaltenen Tag der offenen Tür sieht er seine Privatssphäre verletzt, wie der Focus meldete. Noch dazu hatte ein Ex-Häftling versucht, Hoeneß zu erpressen. Wenn er nicht mehr als 200.000 Euro zahle, werde seine Haftzeit „kein Zuckerschlecken“, zitiert die Süddeutsche den Erpresserbrief.

Damit hat der Widerstand des ehemaligen FC-Bayern-Präsidenten gegen die Einweisung in Landsberg aber wahrscheinlich nichts zu tun. Der Täter drohte nämlich, er könne in jeder Haftanstalt dafür sorgen, dass es Hoeneß nicht gut gehen werde.

Der mutmaßliche Erpresser ist inzwischen gefasst. Was bleibt, ist die Frage: Sollte Hoeneß seine Haft in einem anderen Gefängnis verbüßen dürfen, etwa in Landshut, das dafür im Gespräch war? Kurz gesagt: Landsberg oder Landshut?

Hilflose Anstaltsleitung

„Der Tag der offenen Tür in Landsberg war schon eine Unverschämtheit“, sagt Schauspieler Martin Semmelrogge in der taz am Wochenende vom 17./18. Mai. Das zeuge von der Hilflosigkeit der Anstaltsleitung, mit der Medienpräsenz umzugehen. Semmelrogge kann aus eigener Erfahrung berichten, wie es als Prominenter im Knast ist. Er war schon mehrfach wegen Verkehrsdelikten im Gefängnis und kennt den Promimalus. „Deswegen bin ich dafür, Uli Hoeneß nach Landshut zu verlegen.“

Mischa Grothjohann, der den Streit auf Facebook kommentiert hat, sieht die Sache mit Humor: „In Bananenrepubliken darf der verurteilte Präsident – was ja auch nur sehr selten vorkommt – seine fällige Haftstrafe als Hausarrest auf seinen Latifundien verbringen, warum wird das in der Amigo-Republik Bayern nicht auch so gehandhabt? Wäre zumindest ehrlich, nach diesem seltsam kurzen und nicht vollkommen aufklärenden Prozess (Deal). Und damit wären wir wieder bei den bananenstaatlichen Verhältnissen.“

Das Gymnasium ist die populärste Schulart. Es verspricht höhere Bildung und einen guten Job. Warum sich trotzdem immer mehr Eltern und Kinder dagegen entscheiden, lesen Sie in der taz.am wochenende vom 17./18. Mai 2014. Außerdem: Krise? Welche Krise? Eine Landkarte mit Beispielen aus der Eurozone zeigt: Den Reichen ging es hier nie schlecht. Und: Wie Rainer Höß, der Enkel des Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß, mit dem Erbe seines Großvaters lebt. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Helmut Ortner, Autor des Buches „Gefängnis: Eine Einführung in seine Innenwelt“, kritisiert auf gesamtgesellschaftlichem Niveau: „Uli Hoeneß steht stellvertretend für einen Teil der deutschen Elite, die sich als Spitze der Gesellschaft versteht, aber nicht an deren Regeln gebunden wähnt.“ Sein Fazit: Hoeneß solle seine Zeit in Landsberg absitzen.

taz.de-User Profighost fasst schließlich die Diskussion zusammen: „Für Deutsche gibt es eben zwei Sorten von Menschen, die ins Gefängnis gehen: Verbrecher und Uli Hoeneß.“

Die Streitfrage diskutieren außerdem Rechtsphilosoph Achim Doerfer; Isa Raschke, die mit Martin Semmelrogge auf Facebook diskutierte; Marianne Kunisch, die schon RAF-Mitglieder im Strafvollzug vertrat; Jan Oelbermann, Anwalt für Strafrecht und Julian Kircher aus dem Vorstandsrat des FC Bayern-Fanclubs „Hauptstadt Supporters“.

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