Schwesig und syrische Flüchtlingskinder: Wer kann dazu schon Nein sagen

Eine Fake-Initiative für Syriens Flüchtlingskinder bringt die Familienministerin in Verlegenheit. Schwesigs Pressestelle reagiert spät, sie schweigt.

Syrische Flüchtlinge auf der Kindertransporthilfe-Webseite. Bild: Screenshot: www.kindertransporthilfe-des-bundes.de

BERLIN taz | Es dürfte Familienministerin Manuela Schwesig kalt erwischt haben am Montagmorgen. Kurz nach sechs Uhr in der Früh beginnt ihr Tag, zusammen mit Pflegerinnen und Pflegern im Lazarus-Pflegeheim in Berlin. Es ist internationaler Tag der Pflege, und die SPD-Politikerin will ein Zeichen setzen: Hier muss was passieren, damit das Pflegesystem in Deutschland nicht zusammenbricht.

Kurze Zeit später flackert im Internet die Seite www.kindertransporthilfe-des-bundes.de auf. Sie suggeriert, dass sich das Familienministerium für 55.000 syrische Flüchtlingskinder einsetzt. Aber das Ganze ist ein Fake, und Familienministerin Schwesig muss sich rechtfertigen. Ihre Pressestelle zieht sich lange zurück. Sie muss beraten, was man mit der Aktion des Berliner Künstlers Philipp Ruch und dessen Zentrum für Politische Schönheit macht. Und wie man umgeht mit der Forderung, dass deutsche Familien syrische Kinder in Pflege nehmen können.

Am frühen Nachmittag ringt sich die Pressestelle zu einer Stellungnahme durch. „Dies ist keine Internetseite und keine Aktion des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Das BMFSFJ-Logo sowie Fotos und Unterschriften der Ministerin und des Staatssekretärs wurden ohne Wissen und ohne Genehmigung des Ministeriums genutzt“, sagt eine Sprecherin.

Es ist in der Tat eine schwierige Materie. Die Anspielung auf die Kindertransporte von 1938 auf der einen Seite. Pflegekinder und Auslandsadoptionen heute auf der anderen Seite. Wie sich Manuela Schwesig auch äußern würde, vermutlich würde sie das Falsche sagen – je nach Sicht. Lehnt sie die Aufnahme der Kinder ab, kann sie mit einer einzigen Reaktion rechnen: „Unmenschlich.“ Ließe sie die Kinder herholen, gäbe es nicht wenige, die meinen, dass auch das inhuman sei, weil man Kinder nun nicht mal eben von den Eltern trennt, Krieg hin oder her.

Wer ist denn zuständig?

Darüber hinaus ist für Flüchtlinge nicht das Familien-, sondern das Innenministerium zuständig, auch wenn es sich um Kinder handelt. Das sieht Philipp Ruch, Initiator der Aktion, allerdings anders. Er sagt: „Natürlich ist das Familienministerium zuständig. Anscheinend haben die da was falsch verstanden. Im Übrigen handelt es sich auch nicht um eine Kunstaktion, sondern um eine Soforthilfemaßnahme.“

Als solche sehen die Aktion auch manche Twitter-Nutzer. „Endlich passiert mal was. Danke Manuela Schwesig“, schreibt einer. Oder: „Tolle Aktion der Bundesregierung.“ Allerdings dürften sie das Ganze als Kunstaktion nicht erkannt haben. Andere hingegen gingen dem Fake nicht auf den Leim. „Gute Aktion, leider zu gut“, schreibt jemand. Ein anderer: „Makaber, aber gut.“ Andere Ministerien und die SPD haben sich zu der Aktion nicht geäußert.

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