Elbphilharmonie wird justiziabel: Vielleicht ein Fall von Untreue

Staatsanwaltschaft beginnt Vorermittlungen in Sachen Elbphilharmonie. Deren Verantwortlichen attestiert der Ausschussbericht Täuschung und Fehlinformation.

Teurer Bau: die Hamburger Elbphilharmonie. Bild: dpa

„Die politische Aufarbeitung des Kostenskandals um die Elbphilharmonie ist auf der Strecke geblieben“, brachte Norbert Hackbusch es auf einen knappen Nenner. Der kürzlich vorgelegte Abschlussbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses Elbphilharmonie (PUA) beschränke sich weitgehend auf Abläufe im Baugeschehen, sagte der Abgeordnete der Linkspartei am Mittwoch in der Bürgerschaft. Vernachlässigt blieben, so Hackbusch weiter, grundlegende politische Prozesse und Weichenstellungen.

So kläre der 640 Seiten starke Bericht nicht darüber auf, „welche politischen und wirtschaftlichen Interessen das Projekt prägten und von wem es trotz absehbarer Kostensteigerungen durchgesetzt wurde“.

Auf der anderen Seite erkennt Hackbusch „ein Versagen der politischen Kontrolle bis hin zur Irreführung des Parlaments“. Ob eine solche „Irreführung“ bewusst erfolgte, beschäftigt seit jüngstem auch ganz offiziell die Justiz: „Vorermittlungen“ hat Hamburgs Staatsanwaltschaft bereits am 25. April eingeleitet.

Dabei geht es um Straftatbestände wie Betrug, Täuschung oder Untreue. Den Ausschlag hätten Presseberichte über den PUA-Abschlussbericht gegeben, erklärt Staatsanwalts-Sprecherin Nana Frombach: „Wir prüfen, ob der Bericht Anlass gibt, von Amts wegen Ermittlungen einzuleiten.“ Erst wenn dies klar sei, könnten förmliche Ermittlungen beginnen.

Getagt hat der zweite Parlamentarische Untersuchungsausschuss Elbphilharmonie (PUA) von Februar 2011 bis Herbst 2013. Der Abschlussbericht liegt seit wenigen Tagen vor. Der Auftrag des PUA war umfassend, folgende Fragen sollten beantworten werden:

Welches waren die Ursachen für die Kostenexplosion für die öffentliche Hand?

Wurden Parlament und Öffentlichkeit immer rechtzeitig, vollständig und richtig informiert?

Wer war für Kostenentwicklung und Informationspolitik verantwortlich?

Wie lassen sich solche Verteuerungen von Großprojekten künftig vermeiden?

Wie lässt sich mehr Transparenz für Öffentlichkeit und Parlament herstellen?

Der Bericht attestiert „eine teils fehlerhafte und teils bewusste falsche Information der Bürgerschaft durch den Senat“. Am Pranger – und damit auch im Fokus der Ermittler – stehen Ex-Bürgermeister Ole von Beust, sein Staatsrat Volkmar Schön (beide CDU).

Aber auch Hartmut Wegener und Heribert Leutner, die früheren Chefs der städtischen Realisierungsgesellschaft, speisten den Senat demnach mit häufig wohl unzutreffenden und unvollständigen Informationen über Probleme und Kosten des Projekts.

„Die meisten Fehlentscheidungen traf Herr Wegener, der schalten und walten konnte, wie er wollte“, sagte Frank Schmitt (SPD) jetzt in der Bürgerschaft. Aber auch von Beust treffe „eine gerüttelte Mitschuld“. Und die Behörden hätten kaum Kontrolle ausgeübt.

Unabhängig von Schuldzuweisungen und Vorermittlungen lautet die entscheidende politische Frage für Norbert Hackbusch: „Wie kann die Bürgerschaft in Zukunft gegenüber der Regierung sicherstellen, dass sie wahrheitsgemäß, nachvollziehbar und vollständig über die Entwicklungen bei Großprojekten informiert wird?“ Das werden wohl auch die Staatsanwälte nicht beantworten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.