Ministerielles Säugetiergutachten: Wie Giraffen zu halten sind

Vom Affen bis zum Zebra: Ein neues Gutachten setzt Mindeststandards für die Tierhaltung. Streit gibt es weiter um die Tötung von gesunden Zootieren.

Vier Giraffen sollten mindestens 1.000 Quadratmeter Platz haben, heißt es im „Säugetiergutachten“. Bild: ap

BERLIN taz/dpa | Giraffen, Paviane und andere Tierarten in Zoos oder Zirkussen sollen künftig mehr Platz bekommen. Das empfiehlt das neue „Säugetiergutachten“, das Tierschutz- und Zooverbände sowie unabhängige Experten für das zuständige Agrarministerium erstellt und am Mittwoch in Berlin präsentiert haben.

Giraffen zum Beispiel benötigen demnach mindestens 250 Quadratmeter im Außengehege – drei Mal so viel wie im alten Gutachten von 1996 vorgesehen. Die Veterinärämter können sich bei einem Rechtsstreit um die Haltungsbedingungen auf die Studie berufen.

Jährlich besuchen etwa 34 Millionen Menschen die mehr als 200 Zoos in Deutschland. Diese halten nach Informationen des Verbandes der deutschen Zoodirektoren im Schnitt rund 60 Säugetierarten.

„Das neue Gutachten bringt sicherlich einige Verbesserungen“, teilte Laura Zimprich vom Vereins animal public in einer gemeinsamen Pressemitteilung der an dem Gutachten beteiligten Tierschutzverbände mit. Die Aktivistin ergänzte jedoch: „Dies kann jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass der Tierschutz bei vielen Tierarten den wirtschaftlichen Interessen der Zoovertreter geopfert wurde“.

Tierschützer: Mehr Platz möglich

Die Tierrechtsorganisation Peta kritisierte, mit der wissenschaftlichen Faktenlage ließen sich für viele Tierarten deutlich größere Gehege rechtfertigen als im Gutachten vorgesehen. Peta wies auf Medienberichte hin, dass deutsche Zoos flächendeckend Psychopharmaka beispielsweise bei Menschenaffen und Delfinen einsetzten, um die Tiere an das Leben in den kleinen Gehegen anzupassen. Peta fordert ein grundsätzliches Verbot von Psychopharmaka für Tiere in Zoos.

„Die Begründung, dass eine artgerechtere Haltung mancher Tierarten wirtschaftlich nicht machbar sei, ist nicht tragbar“ sagte Nicole Maisch, Sprecherin für Tierschutzpolitik der Grünen-Bundestagfraktion. „Es muss nicht in jedem Zoo Elefanten, Krokodile oder Giraffen geben, wenn diese dort unter nicht artgemäßen Haltungsbedingungen leiden müssen.“

Tötung als letztes Mittel

Die beteiligten Tierschutzorganisationen wenden sich auch gegen die Tötung „überzähliger“ Tiere in Zoos – diese ist laut Gutachten als letztes Mittel möglich. Dies entspreche nicht der aktuellen Rechtsprechung, nach der für das Töten ein triftiger Grund vorliegen müsse: „Weder Artenschutz, Nichteignung eines Tieres zur Zucht, noch finanzielle Erwägungen stellen einen solchen vernünftigen Grund dar“, halten die Verbände in einem gesonderten Anhang des Gutachtens fest.

Erst vor wenigen Wochen sorgte die Tötung von Löwen und einer Giraffe in einem Kopenhagener Zoo weltweit für Aufsehen. Die Tiere waren eingeschläfert worden, um Platz für ein neues Zuchttier zu schaffen und Inzucht zu vermeiden.

Theo Pagel vom Verband Deutscher Zoodirektoren betonte, dass die neuen Richtlinien für alle Halter von Tieren gelten würden – auch für Zirkusse, Zoohandlungen und Privatleute. Vor allem bei Letzteren sehe er Bedarf zur Nachbesserung. Er bemängelte seinerseits überzogene Forderungen der Tierschützer. Die Zooverbände verweisen regelmäßig darauf, dass die finanzielle Lage vieler Zoos angespannt sei. Größere Gehege seien aber mit höheren Kosten verbunden.

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