Nationalistischer Sänger aus Kroatien: Gott, Familie, Vaterland

Der Sänger Thompson aus Kroatien will in Berlin ein Konzert geben. Er stößt auf Widerstand, jedoch nicht so sehr beim Veranstaltungsort.

Thompson, 2011 bei einem Konzert in Korčula. Bild: MP_Thompson,_Kor%C4%8Dula_2011.017.jpg:Quahadi Añtó / CC BY-SA 3.0

BERLIN taz | „Ora et labora“ – bete und arbeite, so heißen das 2013 erschienene Album und auch die Deutschlandtour von Marko Perkovic, 47, alias Thompson, der am 26. April in der Columbiahalle einen Auftritt plant. Nun klingt das mittelalterliche Benediktinercredo nicht gerade gefährlich, und Thompson ist in Deutschland so bekannt wie Marius-Müller Westernhagen in Kroatien. Er könnte also die hiesige Öffentlichkeit herzlich gleichgültig lassen. Dies mag sich auch das Management der Columbiahalle gedacht haben und stellte seine Räumlichkeiten dem kroatischen Sänger zur Verfügung, der zuvor schon zwei Mal, 2006 und 2009, hier gastiert hatte.

Schon damals ignorierte man den Fakt, dass Thompson in seinen frühen Liedern durch Hetze gegen Serben und Bosniaken, Juden und überhaupt alle „Verräter Kroatiens“ auffiel und zum Star der Rechten im Land wurde. Zu seinen Konzerten in Split und Zagreb strömen Zehntausende und grüßen zu Beginn des Konzertes schon mal mit erhobenem rechten Arm, ganz so wie zu Zeiten des kroatisch-faschistischen Ustascha-Regimes im Zweiten Weltkrieg, das von Hitlers Gnaden errichtet wurde.

Die Schweiz belegte aus diesem Grund Thompson 2009 mit einem Einreiseverbot, auch die Niederlande und Hamburg erlaubten ihm keinen Auftritt. Selbst der kroatische Präsident, Stipe Mesic distanzierte sich ausdrücklich von Thompson, der seiner Meinung nach „genügend Gründe liefert, um ihn für einen Faschisten zu halten“.

Marko Perkovic’ Sängerkarriere begann 1991, während des serbisch-kroatischen Krieges. Perkovic war zu jener Zeit selbst Soldat und landete den Hit „Bojna Cavoglave“ (Battalion Cavoglave). Cavoglave ist ein Dorf in Kroatien in der Nähe von Knin, einer zwischen Serben und Kroaten stark umkämpften Stadt. In der gleichnamigen kroatischen Militäreinheit diente der 24 Jahre alte Perkovic und kämpfte mit dem Maschinengewehr der Marke „Thompson“, die zu seinem Spitznamen wurde. Auch heute noch ist das Musikvideo zu diesem Song auf YouTube präsent. Darauf sieht man Marko Perkovic mit seiner Thompson in Uniform vor einer Gruppe von Soldaten über den Kampf für Heimat und Freiheit singen.

Voller nationalem Pathos

Nach dem Ende des Krieges wurde es ruhig um Thompson, bis er um die Jahrtausendwende ein großes Comeback feierte. Mit Liedern voller nationalem Pathos schürte er ein diffuses Gefühl von Unsicherheit und Ungerechtigkeit in einem Land, das unter Arbeitslosigkeit, Korruption und der massiven Abwanderung der jungen Menschen litt. Thompsons Lösungsangebot ist einfach: Zurück zu Gott, Familie, Vaterland. Dass man auf diesem Weg allen möglichen Feinden im Inneren, und Äußeren begegnet, versteht sich für Thompson von selbst. Allerdings erscheinen diese Feinde in seinen aktuelleren Songs nur noch chiffriert.

Obwohl es genügend Pressebilder, öffentliche Aussagen und Fernsehaufzeichnungen gibt, die belegen, dass Perkovic mit Symbolen und Slogans spielt, die auch in der faschistischen Ustascha-Ideologie eine Rolle spielen, wie die Grußformel „Za dom? – Spremni“ („Für die Heimat? – Bereit!“), streitet er jede Verbindung zum Faschismus ab: Er sei nur ein „Patriot“. Sein Veranstalter in Deutschland, Jakov Kolak, sagt: „Marko singt nicht mehr über Krieg, das neue Album ist völlig harmlos. An seinen Texten ist nichts Rechtsradikales dran. Er wird ein tolles Familienkonzert geben.“

Auch ein Großteil der kroatischen Community in Deutschland versteht die Aufregung von linken Gruppen oder der jüdischen Gemeinde nicht. Für sie ist Thompson ein Held oder einfach nur ein toller Sänger, der es versteht, ein „schönes Gemeinschaftsgefühl“ zu erzeugen, wie auf YouTube zu lesen ist.

Dabei hat es auch sein aktuelles Album in sich. Im dritten Song heißt es: „Wir sind Christenmenschen und wir haben keine Angst zu sterben. Gott hat uns geschickt, um die Welt zu verändern.“ In Lied Nummer sieben singt er unter dem Titel „Bosna“ von „der kroatischen Geschichte, die mit Blut geschrieben wurde“. Der kroatische Musikkritiker Hrvoje Horvat fasste seinen Eindruck des neuen „Thompson-Machwerks“ so zusammen: „Willkommen im Bürgerkrieg!“

Mittlerweile reagierte das Management der Columbiahalle auf die lauter werdende Kritik an dem bevorstehenden Auftritt. Gegenüber der taz teilte man per E-Mail mit, dass die Verträge mit Thompson gekündigt seien. Tatsächlich ist der Kartenvorverkauf an den offiziellen Verkaufsstellen gestoppt. Doch auf der Facebook-Seite von Thompson und bei dem deutschlandweiten kroatischen Vertrieb werden die Tickets nach wie vor feilgeboten. Jakov Kolak sagte der taz: „Das Konzert findet statt. Glauben Sie mir.“

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