Übernahme von Hessnatur: Heuschrecke frisst Ökomode

Die Genossenschaft, die den Textilversand Hessnatur übernehmen wollte, gibt auf. Der Finanzinvestor ließ das letzte Kaufangebot unbeantwortet.

Für naturverträgliche Wäsche wird wohl eine neue Quelle benötigt. Bild: imago/Steinach

BERLIN taz | Die Idee passte gut zur Zielgruppe und zum Trend hin zu genossenschaftlichen Betrieben. Dennoch ist der Plan gescheitert, den Ökomode-Hersteller Hessnatur mit der eigens geründeten Genossenschaft hnGeno zu übernehmen. Schon den Verkauf von Hessnatur an die schweizerische Beteiligungsgesellschaft Capvis hatte hnGeno im Sommer 2012 nicht verhindern können. Nun hat sie auch den Plan aufgegeben, dem Finanzinvestor das Unternehmen wieder abzukaufen.

„Die Genossenschaft zahlt derzeit die Treuhandgelder an die Treugeber zurück“, sagte Johannes Mosmann, der für hnGeno Öffentlichkeitsarbeit gemacht hatte. Dies sei die Reaktion darauf, dass die Genossenschaft auf ihr letztes, im Dezember 2013 unterbreitetes Kaufangebot von Capvis bis heute keine Antwort erhalten habe. Daher gehe man davon aus, dass Capvis nicht an hnGeno verkaufen will. Auch die Idee, ein Konkurrenzunternehmen aufzubauen, sei „wenig erfolgversprechend“.

Die Genossenschaft, über deren Zukunft demnächst auf einer Hauptversammlung entschieden werden soll, war entstanden, als Ende 2010 erstmals Gerüchte laut wurden, dass der Modeversand an eine Kapitalbeteiligungsgesellschaft, auch Private-Equity-Fonds genannt, verkauft werden solle. Noch bevor die Genossenschaft ein Angebot machen konnte, ging Hessnatur im Sommer 2012 an den Schweizer Finanzinvestor Capvis.

„Das Unternehmen, das spätestens in vier Jahren von Capvis verkauft wird, ist beziehungsweise wird auf eine Weise verändert, dass es für eine Genossenschaft mit den Zielen der hnGeno keinen Wert mehr darstellt“, teilte der Vorstand der hnGeno, Walter Strasheim-Weitz, nun mit. Capvis hält derzeit Mehrheitsbeteiligungen an 21 Unternehmen. Nach eigenen Angaben liegt der Investitionshorizont „in der Regel bei vier bis sechs Jahren“, in denen das erklärte Ziel ist, für die Investoren möglichst hohe Gewinne zu erwirtschaften. Der SPD-Politiker Franz Müntefering hatte für diese Finanzunternehmen die Bezeichung ’Heuschrecken‘ geprägt. Kunden und Mitarbeiter hatten die Genossenschaft gegründet aus Sorge, „dass Private Equity Unternehmen wie Capvis auf Grund übertriebener Gewinnziele die sozialen Aspekte“ nicht einhielten, so Strasheim-Weitz.

Im Oktober 2012 hatte Capvis der Genossenschaft gerichtlich die Aussage verbieten lassen, der Investor finanziere Rüstungsunternehmen. Das Landgericht Frankfurt hatte diese einstweilige Verfügung im Januar 2013 aufgehoben. Laut Genossenschaft gehören zu den Anteilseignern von Capvis auch Rüstungskonzerne, die zum Teil auch an der Produktion von Atomwaffen beteiligt seien. Hessnatur hat nach eigenen Angaben eine Million Kunden in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA. Der Umsatz lag im Jahr 2012 bei 70 Millionen Euro.

Die Idee einer Übernahme durch Kunden und Mitarbeiter hält Mosmann auf keinen Fall für gestorben: „Es war knapp und hätte beinahe funktioniert“, sagte er. „Wenn es in einem anderen Unternehmen eine ähnliche Situation gibt, wäre es spannend, das nochmal zu versuchen.“

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