Euromayday: Kurzer Prozess

Das Amtsgericht Harburg spricht eine Euromayday-Aktivistin frei. Die Verteidigung spricht von politischer Motivation der Strafverfolgungsbehörden.

Immer bunt und immer laut: der Euromayday. Dabei aber nicht notwendigerweise gesetzesbrüchig. Bild: dpa

HAMBURG taz | Der zweite Verhandlungstag vor dem Amtsgericht Harburg im Prozess gegen eine Euromayday-Aktivistin am Donnerstagmorgen war schnell vorüber. Gleich zu Beginn machte die Vorsitzende Richterin deutlich, dass sie Petra B. vom Vorwurf „Aufruf zu Straftaten“ freisprechen würde. Auf die Vorführung eines Videos der fraglichen Situation, das die Verteidigung zur Entlastung der Aktivistin zeigen wollte, wurde einvernehmlich verzichtet.

Aktivisten auf der IGS

B. war von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen worden, beim vergangenen Euromayday am 1. Mai 2013 zur Stürmung des Geländes der Internationalen Gartenschau (IGS) und damit zu Hausfriedensbruch aufgerufen zu haben. „Besucht die IGS umsonst! Lasst euch nicht von den Zäunen und den blauen Gartenzwergen abhalten“ soll die 43-Jährige laut Anklage von einem Lautsprecherwagen aus gerufen haben. Tatsächlich waren damals Aktivisten ohne Eintritt zu bezahlen auf das IGS-Gelände gegangen, um gegen die teuren Eintrittspreise der Gartenschau zu protestieren.

Die Staatsanwaltschaft hatte noch in ihrem Plädoyer die Auffassung vertreten, dass B. sich strafbar gemacht habe und forderte eine Verurteilung zu 40 Tagessätzen à 30 Euro. Doch dazu kam es nicht: Die Richterin war am Ende des Verfahrens zwar davon überzeugt, dass vom Lautsprecherwagen aus zum Hausfriedensbruch aufgerufen worden sei.

Allerdings sei unklar, wer dazu aufgerufen habe: „Wir konnten nicht feststellen, dass die Angeklagte diese Äußerungen getätigt hat“, sagte sie in der Urteilsbegründung. Es folgte der Freispruch, gegen den die Staatsanwaltschaft noch Rechtsmittel einlegen kann.

„Skurril überzeichnet“

B.s Anwältin Christine Siegrot sprach in ihrem Plädoyer von versuchter „Kriminalisierung“ der Euromayday-Aktivistin und wertete diesen Versuch als Einschränkung der Versammlungsfreiheit. „Personen, die sich auf einem Lautsprecherwagen exponieren, dürfen nicht blind für sämtliche Aktionen, die sich im Rahmen einer Demonstration ereignen, zur Verantwortung gezogen werden“, sagte sie. „Das würde dazu führen, dass Demonstrationen nicht mehr angemeldet werden, niemand mehr Laut gibt und Gegenstimmen nicht mehr zu hören sind.“

Die Juristin war in ihrem Plädoyer scharf mit dem Zeugen ins Gericht gegangen, auf dessen Aussage die Staatsanwaltschaft ihre Anklage aufgebaut hatte. Der Polizist sei „offensichtlich gekränkt“ gewesen und hätte in seiner Aussage am ersten Verhandlungstag die Situation „skurril überzeichnet“. Der Lüge wollte Siegrot den Beamten, der die Anzeige gegen B. gestellt hatte, jedoch dann doch nicht bezichtigen: „Wenn man es gut mit ihm meint, hat er die Ereignisse anders wahrgenommen, als sie stattgefunden haben.“

Die Juristin vermute, dass er und die anderen Polizeizeugen „Ansagen“ bekommen hätten, dass B. in jedem Fall verurteilt werden soll.

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