Zentralafrikanische Republik: Mission: Impossible

Die Hauptstadt ist voller Soldaten: aus Frankreich, Kongo, Kamerun, Ruanda. Die Eingreiftruppe fasst beinahe 8.000 Soldaten. Die Koordination ist schwierig.

Misca-Soldaten auf einer Straße in Bangui Bild: reuters

BANGUI taz | Vor dem Checkpoint Kilometer 13 am Stadtrand von Bangui stehen schwerbewaffnete Franzosen. Sie wirken wie Rambos: kräftige Männer in schusssicheren Westen, unnahbar, die Augen hinter tiefschwarzen Sonnenbrillen verborgen. Von fensterlosen, hochgebockten Panzerwagen aus überblicken sie die Lage, die Maschinengewehre im Anschlag.

Etwas weiter entfernt patrouilliert ein Zug der Armee der Demokratischen Republik Kongo (FARDC) im Gewimmel. Die Stimmung ist aufgebracht. Die christlichen Anti-Balaka-Jugendbanden haben sich wieder einmal zusammengerottet. Mit Macheten und Messern streifen sie durch die Menschenmassen. Nur wenige hundert Meter weiter haben Tausende Muslime in einer kleinen Moschee Schutz gesucht. Auch dort tummeln sich Anti-Balaka mit Lanzen. Sie sind durch die französischen Straßensperren durchgeschlüpft.

Ein französischer Soldat brüllt von oben herab den kongolesischen Kommandeur an, nach dem Rechten zu sehen. Dieser salutiert. Ruandische Truppen beobachten mit Argusaugen aus kurzer Entfernung, was die Kongolesen jetzt anstellen. Die verfeindeten Armeen Ruandas und Kongos trauen sich auch in Bangui nicht so recht über den Weg.

Die Ruander und Kongolesen gehören zur Eingreiftruppe Misca der Afrikanischen Union (AU) in der Zentralafrikanischen Republik. Aufgabe der 6.000 Mann starken Misca ist es, Zivilisten zu schützen, Milizen zu entwaffnen sowie Bedingungen für humanitäre Hilfe herzustellen. Unterstützt werden sie von rund 2.000 französischen Soldaten der Eingreiftruppe Sangaris. Die Koordination zwischen beiden Missionen lässt zu wünschen übrig.

Auch unter den Misca-Truppen herrscht nicht immer Einigkeit. Auf dem Papier ist es klar: Tschads Truppen stehen im Norden des Landes, die Soldaten aus Kongo-Brazzaville und Kamerun im Westen, die kongolesische FARDC im Südosten – jede Nation also in der Nähe ihrer eigenen Heimatgrenze. Ruanda und Burundi sind für die acht Bezirke der Hauptstadt Bangui zuständig, vier für jeden. An zwei Stellen in Bangui stehen auch kongolesische FARDC-Soldaten, die die Ruander beobachten.

Ruander und Burunder sind wie „Brüder“, sagen sie: „Wir sprechen dieselbe Sprache“. Beide Einheiten haben Erfahrungen in Friedensmissionen. Die meisten Burunder kämpften zuvor für die AU in Somalia. „Der Einsatz in Bangui ist viel komplizierter, hier stehen wir zwischen den Fronten“, erzählt ein Leutnant. „In Somalia hatten wir einen konkreten Feind: die al-Shabaab“. Die Ruander erzählen von der UN-Mission in Darfur. Sie können ein paar Worte Arabisch, kennen die muslimischen Sitten. Beide Kontingente bewachen in ihren Sektoren die staatlichen Einrichtungen, Supermärkte, Kirchen und Moscheen.

Ruander erinnern sich an Völkermord

Ganz zufällig sind die Sektoren nicht zugeordnet: Die Ruander sind vor allem in muslimischen Stadtvierteln stationiert. Für sie erinnert die Lage in Zentralafrika an den eigenen Völkermord vor 20 Jahren, als Jugendbanden mit Macheten die Tutsi-Minderheit abschlachteten. Sie fühlen sich der Minderheit der Muslime nah, bewachen deren Moscheen und die verbliebenen, kasernierten muslimischen Séléka-Rebellen. Einige sind in einem Hochhaus stationiert, das einem muslimischen Geschäftsmann gehört, der der Séléka nahe steht. Die Anti-Balaka-Milizen, die die Muslime jagen, sind aus ruandischer Sicht mit den Hutu-Völkermordmilizen vergleichbar.

Der Stadtteil Boy-Rabe ist Hochburg der Anti-Balaka und war früher Wahlbezirk des 2013 gestürzten Präsidenten François Bozizé. Der mobilisierte die Milizen vom Exil in Kamerun aus. In Boy-Rabe macht sich Kameruns Armee nun einen faulen Lenz. Da wird auch schon mal am frühen Mittag Bier getrunken – Tisch an Tisch mit den Anti-Balaka-Führern.

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