Strahlende Zeitbomben: Europas AKW vergreisen

Das Öko-Institut warnt davor, Atommeiler länger als 40 Jahre zu betreiben. Laut BUND wäre europaweiter ein Ausstieg bis 2030 machbar.

Geht schon fast am Stock: AKW Beznau in der Schweiz: Bild: reuters

BERLIN taz | Von den Atomkraftwerken in der EU geht mit zunehmendem Alter eine immer größere Gefahr aus. Davor warnt eine internationale Studie, die das Öko-Institut zusammen mit Wissenschaftlern aus Großbritannien, den Niederlanden und Belgien im Auftrag der Umweltorganisition Greenpeace durchgeführt hat. Die 152 AKWs in Europa seien technisch für eine Laufzeit von 30 bis 40 Jahren konzipiert worden, heißt es darin. Über 60 Reaktoren sind bereits älter als 30 Jahre, sieben haben die 40 Jahre überschritten. Das Durchschnittsalter liegt bei 29 Jahren.

Probleme macht dem Gutachten zufolge zum einen die physische Alterung der Komponenten. Zum anderen galten bei früher gebauten Atomkraftwerken ohnehin geringere Sicherheitsanforderungen, etwa beim Schutz gegen Hochwasser, Erdbeben oder Flugzeugabstürze.

Dies führe „zu einer fortschreitenden Absenkung des Sicherheitsniveaus der älteren Reaktoren in Europa“, sagte Simone Mohr vom Öko-Institut. Im dicht besiedelten Europa seien schwerwiegende Folgen für Millionen von Menschen möglich.

Dennoch planten viele europäische Regierungen, die Laufzeiten von Atomkraftwerken zu verlängern und die Leistung der Reaktoren sogar noch zu steigern, kritisierte Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital. „Die überalterten Atomkraftwerke sind tickende Zeitbomben“, sagte er.

Proteste gegen Schweizer Altmailer

Gegen den Weiterbetrieb des mit 45 Jahren ältesten europäischen AKW Beznau in der Schweiz protestierten am Mittwoch nach Angaben von Greenpeace rund 100 Aktivisten, die auf das AKW-Gelände vordrangen und teilweise das Reaktorgebäude bestiegen. Weitere Aktionen gab es in Belgien, Frankreich und Schweden.

Dass Europa bis zum Jahr 2030 komplett auf Atomkraft verzichten könnte, ist das Ergebnis einer weiteren Studie der Technischen Universität Wien, die der Umweltverband BUND am Mittwoch veröffentlichte. Voraussetzung dafür seien stärkere europaweite Anstrengungen zur Steigerung der Energieeffizienz und ein schneller weiterer Ausbau erneuerbarer Energien. „Was zunächst utopisch klingt, ist dennoch möglich“, sagte BUND-Energieexperte Thorben Becker. „Europa kann bis spätestens 2030 auf Atomstrom verzichten und trotzdem seine Klimaziele erreichen.“

Notwendig sei ein verbindlicher EU-weiter Anteil von 45 Prozent erneuerbarer Energien. Die EU-Ziele für 2030 werden in Kürze festgelegt.

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