Doku über geraubte Kunstschätze: Die wahren Akteure

George Clooneys Film „The Monuments Men“ hat wenig mit den Tatsachen gemein. Näher an der Realität ist ein Dokumentarfilm, den Arte zeigt.

Männer, die auf Raubkunst starren: „Monuments Men“ hatte auf der Berlinale Premiere. Bild: dpa

In George Clooneys Variante sind es eindeutig Helden. Amerikanische Helden, begleitet von Heldenmusik, heroisch angestrahlt und ausgestattet mit einer kämpferischen Begeisterung für „european art“, die sie in den letzten Kriegstagen sogar ihr Leben für die Kunst aufs Spiel setzen lässt. Doch die echten „Monuments Men“, denen Filmemacherin Petra Dorrmann und Autor Gerhard Rekel im Dokumentarfilm „Hitlers Madonna und die Retter der Raubkunst“ auf den Zahn fühlen, hatten viel mannigfaltigere Motive.

Die postkartenschöne Idylle des steirischen Salzkammerguts ist die Kulisse für eine Spurensuche nach den Menschen, die Hitlers Raubkunst, vom Führer und seinen Schergen für ein in Linz geplantes „Führermuseum“ gestohlene Bilder und Skulpturen, tatsächlich in einem stillgelegten Stollen bei Altaussee vor der Vernichtung bewahrten.

Dorrmann hat Zeitzeugen, Verwandte der Beteiligten und ExpertInnen gefunden, die die komplizierten, von Krieg, Verrat, Angst und Eigennutz geprägten Verstrickungen in O-Tönen darlegen. Die Akteure waren Gestapoleute und Widerstandskämpfer, kunstsinnige Gauleiter und ebensolche Bergwerksleiter.

Die Dokumentation „„Hitlers Madonna und die Retter der Raubkunst“, Mi. 26. Februar 21.35 Uhr, Arte

Der Film beleuchtet die verworrenen Verhältnisse vorsichtig und bedächtig, erklärt durch Interviews, durch Zeichnungen der Innenansichten des Bergwerks, mit historischem Originalfilmmaterial und Fotos. Dorrmann lässt zudem den Autor Konrad Kramar über den inspirierenden Stoff sprechen, der nicht nur für den aktuellen Spielfilm, sondern bereits für mehrere literarische und Filmdokumente als Vorbild diente.

Bergwerk zur Sprengung vorbereitet

Die wichtigste Erkenntnis ist am Ende, dass die US-Befreier, die Clooney gleichermaßen als Bewahrer, Verstecker und Retter inszeniert und ihnen für eine flüssigere Dramaturgie einzelne Werke (wie die Brügger Madonna) besonders ans Herz legt, wenig mit den wahrten Akteuren gemein haben.

Denn diese hatten selten rein kunstästhetische Gründe für ihre Verstrickung mit der Raubkunstbergung: Gauleiter August Eigruber wollte das Bergwerk unbedingt sprengen lassen, damit seine Schätze nicht „dem Weltjudentum“ in die Hände fallen, er hatte darum acht Fliegerbomben in die Salinen fahren lassen, die zur Tarnung in Kisten mit der Aufschrift „Vorsicht Marmor!“ lagerten. Diese wurden von Bergleuten und Widerstandskämpfern entfernt, später wurden nur die Eingänge gezielt gesprengt.

SS-Funktionär Ernst Kaltenbrunner führte den von Eigruber gegebenen ursprünglichen Sprengbefehl nicht aus, weil er an seine Rolle nach dem Krieg dachte. Und der österreichische Widerstandskämpfer Albrecht Gaiswinkler, der stets behauptet hatte, maßgeblich für die Kunstrettung verantwortlich zu sein, war in den letzten Kriegstagen ohnehin schon untergetaucht.

Die US-Truppen sicherten letztlich am 8. Mai 1945 das Bergwerk und damit 6.500 Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen und Möbel. Eine ungleichere Gruppe von aus ganz verschiedenen Gründen Kunstsinnigen, das zeigt der solide Dokumentarfilm, gab es vermutlich nie.

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