Kolumne Deutsch-Sowjetische Freundschaft: Diese albernen Röckchen

Der letzte Abend in Sotschi. Die Eiskunstlaufwettbewerbe laufen in jeder Bar und quälen den Zuschauer. Geht einfach zu H&M, möchte man rufen.

Sind das spezielle Sportkostüme, mit denen es sich besser in der Luft drehen lässt? Bild: reuters

Nein! Bitte nicht schon wieder Eiskunstlauf! Es ist mein letzter Abend in Sotschi. Ein letztes Mal suche ich mir irgendein Lokal in der Nähe meines Hotels, um noch etwas zu essen. In das Gastrozelt auf der Hotelanlage will ich nicht gehen. Da habe ich mich vor drei Tagen mit dem Wirt gestritten.

Wie immer lief auf den zehn Bildschirmen im Zelt eine Übertragung vom olympischen Eiskunstlaufwettbewerb. Ob er nicht auf Eishockey umschalten könne, habe ich ihn gefragt. „Nein“, sagte der Mann streng. „Die Leute haben sich Eiskunstlauf gewünscht.“ Ich schaue mich um. Ein Tisch mit zwölf Finnen, etliche Kanadier, ein paar Amis. „Wer hat sich das gewünscht“, frage ich ihn. Er grinst und schaut mir in die Augen, als wolle er mir sagen: „Du hast keine Chance, ich quäle dich auch heute mit dieser Sportart.“

Noch nie in meinem Leben habe ich so viel Eiskunstlauf gesehen. Ich weiß schon zu schätzen, was die Sportlerinnen und Sportler da leisten. Aber warum können sie sich nicht etwas Ordentliches anziehen. Diese Rüschen, dieser Strass, diese merkwürdigen Einteiler, die die Männer da anhaben! Diese Rüschen, dieser Strass, diese albernen Röckchen, die die Frauen oder Mädchen da anhaben!

Ist doch nicht teuer! Das möchte ich ihnen zurufen. Geht einfach zu H&M und kauft eich etwas ganz normales zum Anziehen. Oder sind das spezielle Sportkostüme, mit denen es sich besser in der Luft drehen lässt – so wie die der Skispringer, die immer in viel zu großen Anzügen hüpfen, um mehr Segelfläche zu haben. Glaube ich nicht.

Glück – ein Rasen

Ich ziehe weiter durch mein Hotelviertel. Eiskunstlauf, Eiskunstlauf, Eiskunstlauf. Ich werde die Russen nie verstehen. Die Wettbewerbe sind doch längst vorbei. Niemand muss mehr gezwungen werden, diese unterirdische Musik zu hören. Ein Michael-Jackson-Medley im Bert-Kämpfert-Stil, ein schlecht abgemischtes Tschaikowski-Potpourri oder eine unterirdische Instrumentalversion des Schmalz-Klassikers „Send in the Clowns“.

Zu Letzterem hat die Südkoreanerin Yuna Kim performt und fühlt sich auch noch ungerecht behandelt, weil man ihr dafür nicht die Goldmedaille gegeben hat. Ich kann es nicht mehr hören! Ich kann es nicht mehr sehen! Was ist das da vorne? Etwas Grünes ist da auf dem Bildschirm zu sehen. Ein Rasen. Kurz später sitze ich in einem Pub hinter einem Bier und schaue Premier League. Das Spiel zwischen Manchester City und Stoke ist hundsmiserabel. Mir geht es dennoch gut.

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