Spaß-Bähnchen macht Ernst: Stündlich durchs Teufelsmoor

Der „Moorexpress“ soll vom Sommer-Bimmelbähnchen zur Hauptachse im Elbe-Weser-Dreieck werden. Nicht alle Anwohner stehen hinter diesen Plänen.

Noch ist er nostalgisch, demnächst könnte er auch ökologisch wertvoll sein: der "Moorexpress". Bild: dpa

BREMEN taz | Der „Moorexpress“ ist bislang nur ein Bimmelbähnchen, das an Sommer-Wochenenden zwischen Bremen und Stade unterwegs ist – zur Freude der Touristen, stellenweise nur zehn Stundenkilometer schnell. Doch da sich Niedersachsens rot-grüne Landesregierung die Reaktivierung der Schienennetze vorgenommen hat, kann das bald anders aussehen. Die 78 Kilometer lange eingleisige Strecke gehört zu den heißen Kandidaten für eine Rückverlegung des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) auf die Schiene.

Statt wie bisher durch Überlandbusse, würde die Strecke zwischen Bremen und Stade dann im Stundentakt durch die Eisenbahn verbunden werden. So, wie das bis in die 60er-Jahre hinein der Fall war. Was wie ökologisches Wunschdenken klingt, ruft in der Region Widerstand hervor.

Lärm statt Gebimmel

So hat sich etwa auf der Hälfte der Strecke, im Künstlerdorf Worpswede, die Bürgerinitiative „Moor(minus)Express“ gegründet, der sich – nach eigenen Angaben – „immer mehr besorgte Bürger auch aus der Umgebung anschließen“. Sie fürchten, dass eine ertüchtigte Strecke den Güterverkehr anziehe. Statt der „schönen Museumszüge“ würde dann eine Lärmlawine durchs Landschaftsschutzgebiet Teufelsmoor rollen. Zudem sei völlig unklar, welche Investitions- und Folgekosten entstünden.

Aber die Bürgerinitiative in Worpswede ist nicht die einzige in der Region. Deren Sorgen seien nämlich völlig unbegründet, sagt Wolfgang Konukiewitz von der „Agenda-Gruppe Moorexpress“: „Es wird keine weiteren Güterverkehre auf der Strecke geben.“

Da Konukiewitz nicht nur im Landesvorstand des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) sitzt, sondern auch im Lenkungskreis, der die Planung auf Landesebene begleitet, kennt er jedes Detail der Berechnungen: Bei 1.000 Fahrgästen täglich sei der Schienenverkehr deutlich günstiger als die bisherigen Busverbindungen – ganz abgesehen von all den Umwelt- und Komfort-Vorteilen der Bahn.

Neben skeptischen Bürgern und unmittelbaren Anwohnern, die vermutlich tatsächlich mehr Lärm abbekämen, muss noch das Land Niedersachsen überzeugt werden. Die ersten Hürden hat der Moorexpress bereits genommen, steht aber in Konkurrenz zu weiteren reaktivierbaren Strecken.

Konkurrenz der Strecken

Bei einem Zuschlag übernimmt das Land 75 Prozent der Investitionskosten von rund 30 Millionen Euro. Ein Viertel verbliebe den betroffenen Gebietskörperschaften. „Ich sehe allerdings gute Chancen, dass die Gemeinden angesichts ihrer bisherigen Leistungen zum Streckenerhalt davon befreit werden“, sagt Konukiewitz.

Aber bleiben die öffentlichen Kassen nicht möglicherweise auf den Betriebskosten sitzen? „Wir sind sicher, dass wir das so wirtschaftlich wie bisher betreiben können“, sagt Andrea Stein von der „Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser GmbH“ (EVB). Ein Teil der laufenden Kosten werde ohnehin durch die Regionalisierungsmittel von Land und Bund getragen.

Ein Kritikpunkt der Initiative „Moor(minus)Express“ kann allerdings noch nicht entkräftet werden: Es ist ungewiss, ob der Moorexpress eine durchgängige Verbindung nach Bremen bekommt. Der Streckenabschnitt ab Osterholz-Scharmbeck gehört der Deutschen Bahn, die dort in dichter Taktung die Züge zwischen Bremen und Bremerhaven verkehren lässt. „Ob wir da ausreichende Lücken für den Moorexpress finden, ist noch nicht geklärt“, sagt Stein. Der Bremer Verkehrssenator hat ein Prüfgutachten in Auftrag gegeben.

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