Letztes Occupy-Camp geräumt: Infotresen statt Zeltlager

Am Montagmorgen wurde in der Hamburger Innenstadt Deutschlands letztes Occupy-Camp geräumt. Die Aktivisten hatten auf einen erneuten Aufschub gehofft.

Ein Fall für die Müllabfuhr: Die letzten Stunden des letzten deutschen Occupy-Camps Bild: dpa

HAMBURG taz | Sie kamen mit schwerem Gerät. Im Auftrag des Bezirks Hamburg-Mitte hat die Stadtreinigung am Montagmorgen das Occupy-Camp in der Hamburger Innenstadt geräumt. In kürzester Zeit wurden Zelte, Möbel und andere Gegenstände vom Gertrudenkirchhof entfernt, zerkleinert und abtransportiert. Zuvor hatten Polizisten die Personalien der anwesenden Aktivisten kontrolliert und allen Aktivisten, die sich nicht ausweisen wollten, einen Platzverweis erteilt.

Bereits am 31. Dezember 2013 war die Duldung des Camps ausgelaufen. Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD) hatte mitgeteilt, wegen unzureichender Brandschutzmaßnahmen könne er das Wohnen in den Zelten nicht länger dulden. Die Aktivisten hatten jedoch nicht alle Zelte und Hütten bis zum neuen Jahr entfernt. Nach Ablauf der Frist hatte das Bezirksamt dem Camp deshalb noch bis Montag Zeit gegeben, den Platz zu verlassen.

Überraschte Besetzer

Noch am Wochenende war auf dem Gertrudenkirchhof keiner davon ausgegangen, dass der Bezirk eine Räumung so schnell forcieren würde. „Die Fristverlängerung erreichten wir mittels Widerspruch bei der Bauprüfung, einem Antrag auf aufschiebende Wirkung beim Verwaltungsgericht und Gesprächen mit dem Bezirk“, sagt Occupy-Aktivist Oli. Die Anträge habe man jedoch aufgrund neuer mündlicher Absprachen zurückgezogen. „Wir sollten das Camp verkleinern und wieder in seine ursprüngliche Größe zurückversetzen, das haben wir getan“, so der Aktivist weiter. Im Falle eines Rückbaus habe das Bezirksamt den Camp-Bewohnern erneute Gespräche und den Aufschub einer Räumung in Aussicht gestellt. Für Montagmorgen sei nur eine weitere Begehung des Platzes angekündigt gewesen. „Wir haben uns auf die mündlichen Absprachen verlassen, sonst hätten wir die Anträge nicht zurückgezogen“, sagt ein Camp-Mitglied.

„Die Räumung wurde schon vor Weihnachten angekündigt. Es wurden keine Gespräche mehr bezüglich dieses Platzes zugesagt“, betont hingegen Sorina Weiland, Pressesprecherin des Bezirksamts. Stattdessen habe man Hilfe bei der Suche nach Räumlichkeiten angeboten, in denen die Aktivitäten weitergehen könnten. „Wir sind auf jeden Fall gesprächsbereit, weil wir das Anliegen unterstützenswert finden“, so Weiland weiter.

Protest am Infotresen

Das Camp war im Zuge der Occupy-Bewegung entstanden, die 2011 auf der ganzen Welt zentrale Plätze vor Symbolen der Finanzmärkte besetze. In Deutschland gab es im Oktober 2011 in rund 30 Städten Camps. Seit der Räumung des Occupy-Camps in Frankfurt am Main im August 2012 galt das urbane Zeltlager in Hamburg als das letzte. Bis zum Herbst 2012 stand das Hamburger Occupy-Camp auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz nahe der Geschäftsstelle der HSH-Nordbank. Der Bezirk veranlasste damals den Umzug auf den Gertrudenkirchhof.

Die Occupy-Aktivisten richten ihren Blick nach vorn: „Wir hoffen, dass wir in der Nähe der Mönckebergstraße einen Infotresen aufbauen dürfen und es mit den festen Räumlichkeiten klappt. Wir wünschen uns Verlässlichkeit von getroffenen Verabredungen und eine offene Kommunikation auf Augenhöhe“, sagt Aktivist Oli.

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