NPD setzt Ex-Chef unter Druck: Der Apfel ist madig

Nach dem Rücktritt wird der bisherige NPD-Chef Apfel von seiner Partei hart kritisiert: Vorwürfe zu „Verfehlungen“ aus der Welt schaffen – oder austreten.

Ein Gruß an die Kameraden: Holger Apfel. Bild: reuters

HAMBURG taz | Erst der Rückritt, dann der Rauswurf? Die NPD-Spitze soll nach einer Krisensitzung am Sonntag in Frankfurt am Main dem bisherigen Vorsitzenden Holger Apfel den Parteiaustritt nahegelegt haben. Die Führung um NPD-Bundesvize Udo Pastörs verlangt von ihm, Vorhaltungen über persönliche Verfehlungen auszuräumen oder das Parteibuch abzugeben.

„Mit Befremden“ habe das Parteipräsidium „zur Kenntnis nehmen“ müssen, erklärte die Parteipressestelle, dass „die zunächst von Apfel zur Begründung für seinen Rücktritt angeführten „'Krankheitsgründe' offenbar nur ein Teil der Wahrheit sind“. Die durch die Anführungszeichen angedeuteten Vorbehalte waren schon am Donnerstag zu hören. Nach dem überraschenden Rücktritt Apfels an dem Tag gab es sofort Zweifel an der offiziellen Begründung. Gerüchte kursierten.

Am Donnerstag schrieb die NPD auf ihre Webseite jedoch noch, das der Chef „krankheitsbedingt“ seine Ämter niedergelegt habe. „Burnout“ hieß es. Am Mittwoch war Apfel aber noch in Karlsruhe beim Verfassungsgericht wegen der NPD-Klage gegen die Dreiprozenthürde bei der Europawahl aufgetreten. Einen geplanten Rücktritt erwähnte Apfel nicht. Er wirkte weder angespannt noch niedergeschlagen, sagte ein Beobachter der taz. Doch keine 24 Stunden später erfolgte der Rücktritt.

Bereits am Donnerstag waberte durch NPD, dass Apfel aus der Partei massiv unter Druck gesetzt worden sei. Der angebliche Vorhalt: Im vergangenen Bundestagswahlkampf soll der 42-Jährige einen 20-jährigen NPD-Helfer belästigt haben. Entsprechende Aussagen des Betroffenen sollen dem Parteivorstand vorliegen, war aus der parteiinternen Gerüchteküche zu vernehmen. In der Vergangenheit hatte es in Parteikreisen Andeutungen zu dem verheirateten Vater von drei Kindern gegeben. Ohne seinen Namen aber direkt anzuführen. Eine Ehekrise wurde im vergangenen Jahr bekannt.

Fakten sind egal

In der rechtsextremen Szene, sagten Aussteiger der taz schon öfters, würden zwei Vorwürfe das Ansehen und die Glaubwürdigkeit immer stark beschädigen: „Spitzel oder Schwuchtel“. Auf die Fakten käme es nicht an. Bereits bei den Freikorps, stellte Klaus Theweleit in dem Standardwerk „Männerphantasien“ fest, wurde Homosexualität je nach politischem Kalkül ignoriert oder öffentlich gemacht.

Am Donnerstagabend beschwerte sich Apfel auf der Webseite der NPD-Monatszeitung DS-Aktuell in einer Erklärung über „ehrverletzende Verleumdungen“, die in den letzten Tagen zugenommen hätten. Apfel, seit 1988 Parteimitglied, kritisierte auch die „absurdesten Gerüchte“ über seine „angeblichen Reichtum“ und die „persönlich niederträchtigen Beleidigungen über körperliche bzw. sprachliche Unzulänglichkeiten“. Diese Behauptungen, schrieb er, seien „zwar haltlos“, aber ihm sei bewusst, dass er diesen „Makel nicht losbekommen“ werde. Er habe nicht mehr die Kraft, gegen diese Nachreden „anzukämpfen“.

Bei den früheren Vorstandskollegen scheint Apfel mit der Erklärung kein neues Vertrauen gewonnen zu haben. Die „weitergehenden Vorwürfe, die Verfehlungen in der Vergangenheit betreffen“, seien von Apfel „bislang nicht entkräftet“, hieß es von der NPD-Pressestelle. Das Präsidium fordert von Apfel, „anhand eines umfangreichen Fragenkatalogs einen substanziellen Beitrag zur lückenlosen Aufklärung aller Fragen zu leisten“. Bis zur Neuwahl schlug das Präsidium Udo Pastörs als „kommissarischen Parteichef“ vor. Der NPD-Bundesvize und Fraktionschef im Schweriner Landtag gilt schon länger als neuer Hoffnungsträger – für die Partei- und Kameradschaftsszene.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.