Hunger und Lebensmittel-Spekulation: Deutsche Bank steigt a bisserl aus

Das Geldhaus will nicht mehr mit Nahrungsmitteln selbst handeln – aber schon noch mit Wertpapieren darauf. Das produziert weiter Hunger, sagen Kritiker.

Mitverantwortlich für Hunger? Händler an der Chicagoer Rohstoffbörse Bild: reuters

BERLIN taz | Die Deutsche Bank steigt teilweise aus der Spekulation mit Lebensmitteln aus. Das Finanzinstitut zieht sich nach eigenen Angaben „aus dem Handel mit Energie, Agrarprodukten, Grundmetallen und Trockenmassengut zurück.“ Seine umstrittenen Fonds, die im großen Stil Finanzderivate wie Lieferverträge etwa für Mais, Soja oder Weizen kaufen, will der deutsche Branchenprimus aber weiterführen. Der Ausstieg, dem 200 Arbeitsplätze vor allem in Nordamerika zum Opfer fallen, bezieht sich also nur auf das Kaufen und Verkaufen „physischer“ Rohstoffe.

Nichtregierungsorganisationen wie Foodwatch und Oxfam kritisieren, Geschäfte mit Wertpapieren auf Agrarrohstoffe würden die Nahrungsmittelpreise in die Höhe treiben. Deshalb könnten sich viele der weltweit 842 Millionen Hungernden nicht genug Essen kaufen.

Die Deutsche Bank hat diese Argumente stets zurückgewiesen. Sie beruft sich auf Wissenschaftler, denen zufolge die Spekulation sich nicht auf die Preise für die „physischen“ Produkte auswirken. Foodwatch etwa versucht, das mit eigenen Analysen zu widerlegen und zieht die Unabhängigkeit mancher Spekulationsbefürworter in Zweifel.

Es geht um Geld, nicht Ethik

Der Ausstieg der Bank aus dem physischen Handel mit Agrarrohstoffen hat tatsächlich wenig mit Ethik zu tun. Vielmehr geht es dem Unternehmen zufolge unter anderem darum, „unser Kapital besser zu nutzen“. Sprich: Das Geschäft wirft – wenn überhaupt – derzeit zu wenig Gewinn ab. Ein Grund ist, dass die Preise für viele Rohstoffe gefallen sind und seltener gehandelt werden. Gleichzeitig steigen die Kosten durch „branchenweite aufsichtsrechtliche Veränderungen“, wie es in der Mitteilung der Bank heißt. Die US-Aufsichtsbehörden etwa wollen höhere Bargeldbestände verlangen.

Ein Datum für den Rückbau des Rohstoffgeschäfts hat das Geldhaus nicht genannt. Allerdings haben der Nachrichtenagentur Reuters zufolge bereits die Hälfte der 200 betroffenen Mitarbeiter ihre Schreibtische geräumt.

Foodwatch reicht die Entscheidung der Bank nicht. „Solange die Deutsche Bank nicht aus der Nahrungsmittelspekulation in Form von Finanzderivaten aussteigt, gehen die Geschäfte auf Kosten der Ärmsten unverändert weiter“, sagte der Chef der Organisation, Thilo Bode. Die Banker müssten erklären, dass sie „ihre Hungerspekulationen vollständig stoppen und dass sie ihren Widerstand gegen eine effektive Regulierung der Rohstoffterminbörsen aufgeben.“

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