Gentechnik-Lobbyist über Mais-Studie: „Zufälliges Auftreten von Krebs“

Für Karl-Friedrich Kaufmann, Vorsitzender von Innoplanta, stellt Gen-Mais kein Risiko dar. Keine ernstzunehmende Studie würde dies beweisen.

„Wo Gentechnik drin ist, muss auch Gentechnik draufstehen.“ Bild: ap

taz: Wie interpretieren Sie den Widerruf der Studie über Gentechnik-Mais, die Kritiker als Beleg für eine Krebsgefahr durch die Pflanzen sahen?

Karl-Friedrich Kaufmann: Der Widerruf ist überfällig gewesen. Aus meiner Sicht war das ein Gefälligkeitsgutachten. Das hat keiner wissenschaftlichen Prüfung standgehalten. Es gab Kritik aus aller Herren Länder, vor allem, dass die Zahl der Versuchstiere – also der Ratten – zu klein war, um zufälliges Auftreten von Krebs als Ursache auszuschließen. Diese Einwände waren berechtigt.

Zeigt der Widerruf, dass gentechnisch veränderte Pflanzen sicher sind?

Dieser Widerruf alleine nicht. Aber es gibt weltweit keine beweiskräftige Studie, die die Sicherheit in Frage stellt. Wir hatten vor Jahren mal eine Studie mit Mäusen, die auch sehr kritikwürdig war und zurückgezogen wurde. Aus dieser Sicht muss man heute sagen: Die Pflanzen, die freigesetzt werden, sind sicher.

Wie kontern Sie das Argument, es gebe noch andere Studien, die auf Risiken hindeuteten?

Das sehe ich sehr gelassen, da dort ähnliche Verfahrensfehler festzustellen sind.

Der 76-Jährige ist Vorstandsvorsitzender des Vereins Innoplanta, der für die Gentechnik wirbt. Der Diplom-Landwirt organisiert einmal im Jahr das Innoplanta-Forum, das bekannteste Treffen der Branche in Deutschland.

Welche Fehler?

Oft stimmt der Umfang der Versuche nicht: zu wenige Tiere, die Dauer des Experiments ist nicht korrekt, oder die Messergebnisse werden überinterpretiert.

Aber widerspricht es nicht Leitlinien von Fachzeitschriften, eine Studie zurückzuziehen, die eben keine gefälschten Daten enthielt?

An der Studie hat nichts gepasst. Auch von der Aussage her. Das war manipuliert, um Gentechnik in Misskredit zu bringen.

Die Autoren der Untersuchung sagen selbst, sie hätten für eine Krebsstudie zu wenige Ratten mit dem Gentech-Mais gefüttert. Aber die Abweichungen von Leber- und Nierenwerten der Tiere seien aussagekräftig.

Bei der Fütterung muss sich das einfach ergeben. Wenn die Pharmaindustrie solche Versuche durchführen würde, würden keine Medikamente mehr zugelassen. Das Experiment mit den Ratten war unseriös von der Dosierung her zum Beispiel. Da muss es zu Schäden kommen. Wenn ich vier Wochen lang jeden Tag zehn Ibuprofen 800 zu mir nehme, laufe ich auch wie ein Wrack rum.

Also haben die Forscher den Ratten einfach unnatürlich viel Mais gegeben?

Genau.

Aber war das nicht ein Standardfutter für Laborratten?

Das hat sich eben in der Überprüfung der Studie nicht bewiesen.

Welche Konsequenzen sollten aus der Angelegenheit mit der Rattenstudie gezogen werden?

Viele Bürger sind ja geschädigt durch ständige Kritiken an der Gentechnik. Jetzt muss seriös mit dem Thema umgegangen werden. Politik und Wissenschaft sind in der Pflicht, breite Aufklärungsarbeit zu leisten anhand von belastbaren Studien, die vorliegen.

Wie könnte die aussehen?

Wir brauchen eine Offensive in der Öffentlichkeitsarbeit. Es muss in der Presse darüber informiert werden, wie gentechnisch veränderte Pflanzen zugelassen werden, was Gentechnik überhaupt ist. Ich stelle immer fest, dass die Mehrheit sagt: „Das habe ich nicht gewusst. Ich dachte, das sei Teufelszeug.“

Und sonst?

Wir brauchen auch eine Positiv-Kennzeichnung: Wo Gentechnik drin ist, muss auch Gentechnik draufstehen. Angefangen bei Pharmaka über Lebensmittel bis zu Futtermitteln. Bisher müssen ja beispielsweise Käse, die mit Hilfe gentechnisch veränderter Enzyme produziert werden, nicht entsprechend gekennzeichnet werden.

Das gilt auch für Produkte von Tieren, die gentechnisch verändertes Futter bekommen haben. Würde das alles auf der Packung stehen, würden sich die Leute bewusst, dass sie schon sehr viel Gentechnik auf dem Teller haben – und es ihnen nicht geschadet hat.

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