Grünen-Spitze: Händler oder Zocker

Der Poker-Manager Nico Behling und der Bürgerschaftsabgeordnete Ralf Saxe wollen Grünen-Chef werden.

Langhaarige Ökos - das war einmal: Grünen-Vorstandsbewerber Saxe (l.) und Behling. Bild: Bündnis 90/Die Grünen Bremen

Die SPD soll es sein, keine andere. Darauf hat sich der grüne Fraktionschef Matthias Güldner schon festgelegt. 2015, wenn die Bürgerschaft neu gewählt wird, wollen die Grünen auf jeden Fall die bisherige Koalition mit der SPD fortsetzen. Es gebe „keinen Grund“, diese Regierung infrage zu stellen, sagte Güldner am Rande der Fraktionsvorsitzendenkonferenz der Grünen, die in Bremen tagte. Erst recht nicht nach den soeben „erfolgreich“ abgeschlossenen Haushaltsberatungen. Es wäre die erste rot-grüne Regierung, die ein zweites Mal wiedergewählt wird.

Die Koalitionsverhandlungen, davon ist auszugehen, müssten dann Henrike Müller und Ralf Saxe führen. Wobei: Gewählt werden die beiden neuen LandessprecherInnen von Bündnis 90/Die Grünen erst am kommenden Wochenende auf der Landesmitgliederversammlung. Aber dass sie gewählt werden, daran zweifelt in der Partei kaum einer.

Müller hat eh keine Gegenkandidatin. Ihr gehe es nicht zuletzt um die Europawahl im kommenden Jahr – „auch deswegen“ trete sie erneut an. Diesen Wahlkampf „federführend“ vorzubereiten sei ihr eine „Ehre“, so Müller, die bis zum kommenden Jahr noch am Zentrum für Europastudien an der Uni Bremen arbeitet. Vor zwei Jahren wurde die Enddreißigerin erstmals zur Parteichefin gewählt, damals noch, wie sie sagt, in der Rolle als „junges Küken“ neben dem altgedienten Hermann Kuhn. Der 68-jährige Haushaltspolitiker der Grünen-Fraktion tritt aus gesundheitlichen Gründen nicht erneut an. Um seine Nachfolge bewerben sich Ralf Saxe, der wirtschafts- und verkehrspolitische Sprecher der Parlamentsfraktion und der auch in der Partei weitgehend unbekannte Nico Behling.

Der 30-jährige ist seit 2006 Poker-Manager in der Bremer Spielbank und mittlerweile auch Betriebsratsvorsitzender. Nebenbei fördert er als Chief Marketing Director einer Firma namens TK Poker Events das Glücksspiel. Behling, gebürtiger Bremer, hat mal an der hiesigen Uni Jura studiert, jedoch keinen Abschluss. Und um sein Studium zu finanzieren, heuerte er als Croupier beim Casino an. Das wiederum musste zuletzt von der grünen Finanzsenatorin Karoline Linnert durch massive Steuererleicherungen vor der Insolvenz bewahrt werden.

Müller findet es „unproblematisch“, dass ein Casino-Mitarbeiter Landesvorsitzender der Grünen werden könnte. Auch Behling selbst sagt, er sehe nicht, „dass das kollidiert“. Er ist erst kurz vor der Bundestagswahl den Grünen überhaupt beigetreten – und in der politischen Landschaft, der Parteiarbeit „noch besonders ’grün hinter den Ohren‘“, wie er in seiner Bewerbung schreibt. Er habe „mit Besorgnis“ den negativen Trend der Grünen „wahrgenommen“, sagt er der taz – und will sich deshalb nun selbst „aktiv einbringen“. Er stehe für eine „eine gewisse Unbefangenheit“ und sieht in der Energie- und Klimapolitik sowie im Verbraucherschutz die grünen Kernthemen. Allerdings solle die Außenkommunikation „etwas gemäßigter“ und so „gesellschaftsnäher“ werden, so Behling. So könnten seiner Ansicht nach alte Wähler zurück- und neue dazugewonnen werden, etwa solche, die bisher FDP gewählt haben.

Saxe dagegen ist schon seit elf Jahren bei den Grünen, jahrelang saß er für die Partei im Beirat Schwachhausen. Der 54-Jährige, in Bremerhaven geboren, hat eigentlich Sozialpädagoge gelernt, wurde dann aber Weinhändler. Eine „noch bessere Vernetzung“ von grünen SenatorInnen, Fraktion und Partei wäre „bestimmt hilfreich“, schreibt er in seiner Bewerbung. Diese Aufgabe würde er von Kuhn übernehmen.

Inhaltlich gehe es „nicht unbedingt“ um neue Konzepte, eher um die „Umsetzung“ und die „Sichtbarkeit“ der bestehenden und im Koalitionsvertrag beschlossenen. Gerade die Politikfelder des grünen Bau-, Umwelt- und Verkehrssenators Joachim Lohse müssten „noch mehr sichtbar“ werden, so Saxe. Das ist freundlich formuliert: eine deutliche Kritik an Lohse – zumal Saxe zugleich Linnert und die Sozialsenatorin Anja Stahmann lobt.

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