Durchsuchungswelle im Norden: Großrazzia wegen Mafia-Geldwäsche

Auf der Fährte von kriminellen Finanz-Deals durchsuchten Fahnder am Dienstag die HSH Nordbank und den Windanlagen-Bauer Enercon. Die heißeste Spur aber führt ins Emsland.

Objekt der Durchsuchungsbegierde: HSH-Nordbank-Zentralein Hamburg Bild: dpa

HAMBURG taz |Die Fahnder kamen in den Morgenstunden. Im Rahmen einer bundesweiten Razzia hat die Staatsanwaltschaft Osnabrück am Dienstag die Geschäftsräume der HSH Nordbank in Hamburg und Kiel, mehrere Firmen und Wohnsitze von drei Geschäftsleuten durchsucht, die Geschäfte mit der italienischen Mafia gemacht haben sollen.

Die Vorwürfe lauten Geldwäsche und Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. 200 Einsatzkräfte inspizierten 20 Objekte in Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen, aber auch in Bayern und Österreich. Experten des Bundes- und des Landeskriminalamts Niedersachsen ermitteln seit Februar unter Regie der Osnabrücker Staatsanwaltschaft.

Die Beschuldigten stehen nach Auskunft der Staatsanwaltschaft im Verdacht mittels eines Firmengeflechts in Deutschland, Italien, San Marino und der Schweiz inkriminierte Gelder der kalabresischen Mafiaorganisation „Ndrangheta“ gewaschen zu haben. Zudem sollen sie als Strohleute Gesellschaftsanteile an der Betreibergesellschaft eines Windparks übernommen haben, um die Beteiligung des Mafia-Clans zu verschleiern.

Konkret geht es um einen 2009 in Betrieb gegangenen Windpark mit 48 Rotoren in der süditalienischen Provinz Kalabrien. Der Ndrangheta-Clan soll den Windpark Crotone gebaut haben – und zwar mit Krediten der HSH Nordbank. Schmutziges Geld aus illegalen Geschäften sollte so in saubere Ökostrom-Gewinne umgemünzt werden, lautet der Verdacht der Ermittler.

Die Bank soll im Jahr 2006 ohne Sicherheiten ein Darlehen von 225 Millionen Euro für das Projekt gewährt haben, erklärt der Osnabrücker Oberstaatsanwalt Alexander Retemeyer. Die Ermittlungen aber richteten sich nicht gegen die Bank oder ihre Mitarbeiter, sagte ein HSH-Sprecher, man kooperiere mit den Ermittlungsbehörden bereits seit 2010 in dieser Sache.

Im Fokus der Ermittler steht hingegen der Emsländer Finanzmakler Ludwig Nyhuis, der zusammen mit einem ehemaligen CSU-Stadtrat aus Rosenheim die in Twist ansässige Firma „Ventuno Design GmbH“ gründete. Sie ist unter der selben Telefonnummer erreichbar wie Nyhuis Beratungsfirma „Finanz Konzepte GmbH“.

Über die im Februar 2005 gegründete Ventuno Design liefen den italienischen Ermittlern zufolge alle HSH-Kredite; sie bezeichnen die Firma daher auch als „Kasse“ des Windparks.

„Für uns ist der Schwerpunkt im Emsland, weil dort Firmen extra gegründet worden sein sollen, um die Gelder zu transferieren“, bestätigt Retemeyer. Außerdem plante und organisierte Ventuno Design laut Aktenlage die gesamten Arbeiten und beauftragte ein kalabrisches Unternehmen mit Bauarbeiten, das die Ermittler auf den Mafia-Clan zurückführen.

Es gebe aber auch „Durchsuchungen beispielsweise in Ostfriesland“, sagt Retemeyer. Im ostfriesischen Aurich befindet sich der Stammsitz der Enercon GmbH, des größten deutschen Windkraftanlagen-Bauers. Enercon war nach den Recherchen der Staatsanwälte an dem Bau des Windparks beteiligt.

Die italienischen Behörden haben den 48 Rotoren umfassenden Windpark mittlerweile stillgelegt und die Einnahmen eingefroren. „Die italienische Polizei hat uns mitgeteilt, dass sie für mehr als 300 Millionen Euro Vermögenswerte sichergestellt hat – das ist in erster Linie der Windpark“, sagt Retemeyer.

MARCO CARINI

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.