Ideen für Koalitionsverhandlungen: Union will mehr Überwachung

Während der laufenden Verhandlungen dringt eine brisante Wunschliste der Union an die Öffentlichkeit. So soll etwa der Zugriff auf Netzdaten erleichtert werden.

Will Licht ins Dunkel der bösen Verbrecherwelt bringen: Innenminister Friedrich. Bild: dpa

BERLIN taz | Nun ist passiert, was eigentlich nicht passieren sollte. Aus den laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD sind vertrauliche Unterlagen an die Öffentlichkeit gelangt. Deren Inhalt wirft – pünktlich zur NSA-Affäre und zur Debatte über den Whistleblower Edward Snowden – ein Licht auf das Rechtsstaatsverständnis der Christdemokraten.

In dem dreißigseitigen Papier, verfasst von den Experten der Unionsfraktion und dem amtierenden Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), werden laut Spiegel Online Vorschläge aufgelistet, wie den deutschen Sicherheitsbehörden künftig mehr Freiheiten bei der Verbrechensbekämpfung eingeräumt werden können.

Um den Datenverkehr stärker zu kontrollieren, soll die Überwachung von Internetknotenpunkten erweitert werden. Über diese Knoten laufen Daten der großen Provider. Hintergrund ist, dass der Zugriff auf die Kommunikation von Tatverdächtigen äußerst schwierig ist, wenn diese über offene WLAN-Netze und von Internetcafés aus kommunizieren. Bisher sei der Zugriff auf diese Daten „nur auf dem langwierigen Weg der Rechtshilfe“ möglich. Geht es nach den Unions-Unterhändlern, sollen die Informationen künftig „durch Ausleitung an den Netzknoten“ beschafft werden.

Gabriele Fograscher, stellvertretende innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, findet den Vorschlag „schon sehr merkwürdig, gerade in diesen Zeiten, wo wir erfahren, wie etwa der NSA in Deutschland spioniert. Bundesinnenminister Friedrich gibt hier offenbar Ideen rein, um den Preis bei den Koalitionsverhandlungen hochzutreiben.“

Ausbau der Videoüberwachung

Die Innenexperten der Union haben noch andere Ideen. So soll Videoüberwachung im öffentlichen Raum ausgebaut werden. Für die SPD grundsätzlich denkbar. „Da“, sagt SPD-Frau Fograscher, „muss der Finanzminister sagen, wie er das bezahlen will.“

Auch die Befugnisse des Bundesamts für Verfassungsschutz sollen größer werden. Die Landesämter sollen verpflichtet werden, alle relevanten Informationen an das Bundesamt weiterzureichen. Zudem soll dieses im Benehmen mit der zuständigen Landesbehörde „selbst tätig werden können“. Hintergrund sind die Erfahrungen bei den Ermittlungen zu den Verbrechen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU). Innenexpertin Fograscher hält es ebenfalls für „sinnvoll, dass das Bundesamt Erkenntnisse bündelt“ und so Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses umsetzt.

Fauxpas mit den Maut-Daten

Ein neuralgischer Punkt wurde noch vor Beginn der Beratungen der Arbeitsgruppe Sicherheit abgeräumt. Die Idee, Polizeibehörden künftig auf Maut-Daten zugreifen zu lassen, wurde von Hans-Peter Friedrich persönlich für „erledigt“ erklärt. In der Arbeitsgruppe sei man sich einig gewesen, dass die Erhebung gesetzlich nur für diesen Zweck geregelt worden sei und nichts anderes, so der Bundesinnenminister vor Beginn der Verhandlungen mit der SPD.

Auch für den Koalitionspartner in spe ist die Maut-Frage damit erledigt. Michael Hartmann, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sagte der taz: „Ich kann Ihnen zusichern, dass die SPD einer Abschöpfung von Maut-Daten durch Sicherheitsbehörden nicht zustimmen wird.“

Die Frage, ob das Öffentlichwerden des Friedrich-Papiers das Vertrauen innerhalb der Arbeitsgruppe beeinträchtigt, beantwortete Hartmann so: „Ich berichte nicht aus laufenden Verhandlungen.“ Seine stellvertretende Sprecherin meinte hingegen: „Das macht’s nicht einfacher. Koalitionsverhandlungen basieren nun mal auf Vertrauen – gerade im sensiblen Bereich der inneren Sicherheit.“

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