Huffington Post Deutschland: Hässliche Konkurrenz

Ein bisschen wirtschaftsliberal, ein bisschen konservativ, ein bisschen Promis – das ist die deutsche „Huffington Post“. Eine erste Begutachtung.

So sieht's aus! Bild: imago/rüdiger wölk

Die Huffington Post, herausgegeben von Cherno Jobatey, ist online. Am 10.10. um 10.10 Uhr sollte der Startschuss erfolgen. Doch um 10.18 Uhr verlangte die Seite noch immer eine Autorisierung über Benutzernamen und Passwort. Benutzername „Cherno“, Passwort „Jobatey“ funktionierte aber nicht. Also warten.

Und dann: „REGIERT ENDLICH!“ Eine riesige Schlagzeile. Darunter: „Schon jeder dritte Deutsche will Neuwahlen“ und ein Foto von Kanzlerin Merkel und SPD-Chef Gabriel, zwischen den beiden ein rotes Fragezeichen. Mehr Themen sind auf den ersten Blick um 10.19 Uhr nicht zu sehen.

Wer runterscrollt, findet das: „Exklusive Umfrage: Immer mehr Deutsche haben genug vom Koalitionspoker... 30- bis 44-Jährige besonders frustriert – 40 Prozent fordern Neustart... Unions-Spitzen werkeln heimlich an Schwarz-Grün... Die Grünen riskieren für die Macht ihre Ideale... Wer hat in der SPD die Macht?“ Jeder dieser ...-Sätze ist ein Link, mal ist die Schrift grün, mal schwarz, mal rot.

Die Huffington Post soll das neue große Ding im Internet hierzulande sein, doch die Seite wirkt wie eine Zeitreise zurück in die 90er-Jahre. In eine Zeit als Netscape noch Marktführer war und die meisten Seiten von Bastlern am heimischen PC mit Intel-Pentium-II-Prozessor gebastelt wurden. Der gelbe Rahmen schmerzt – und beißt sich mit der grünen Schriftfarbe der Dachzeilen und Verknüpfungen. Die Seite wirkt: billig.

Fünf-Jahres-Ziel

Das passt zu den Kosten, die die zu Burda gehörende Tomorrow Focus AG reinstecken will. Für das Portal sollen lediglich drei Millionen Euro in den kommenden Jahren investiert werden. Im Gegensatz zu den Investitionen sind die Erwartungen umso höher: Innerhalb von zwei Jahren soll das Portal profitabel sein und in spätestens fünf Jahren soll es zu den fünf größten Nachrichtenseiten Deutschlands zählen.

Die Huffington Post geht dafür einen Weg, den Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner als das „Anti-Geschäftsmodell für Journalismus“ bezeichnete: Blogger sollen kostenlos für die HuffPost schreiben, dazu ein paar News aus der 15-köpfigen Redaktion. Kohle verdient Burda mit Werbung. Das kommt längst nicht bei allen gut an.

Die ersten „Empfohlenen Beiträge“, die in einer Spalte links unter dem riesigen Aufmacher stehen, kommen von Ariana Huffington, der US-amerikanischen Gründerin der Huffington Post („Liebe Grüße aus München: Die HuffPost kommt nach Deutschland“), dem deutschen Chefredakteur Sebastian Matthes („Pioniergeist verpflichtet“), Herausgeber Cherno Jobatey („Der Medien-Regenbogen hat mehr Farben bekommen“), dazu CDU-Frau Ursula von der Leyen, Boris Becker, Karstadt-Eigentümer und Finanzinvestor Nicolas Berggruen, Gazprom-Manager Alexander Medwedew, Erzbischof Robert Zollitsch und dem EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider. Der Kurs der Huffington Post wird hier schon deutlich: Ein bisschen wirtschaftsliberal, ein bisschen konservativ, ein bisschen Promis, ein bisschen Netzthemen.

Gesammelt werden die Themen in sieben Kategorien: „Poltik“, „Wirtschaft“, „Good“ (Promis und Ratgeber), „Entertainment“ (Promis und Gedöns), „Lifestyle“ (Promis und Mode), „Tech“, „Video“. Bild.de und Gala.de haben also Konkurrenz bekommen. Hässliche Konkurrenz.

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