Steuerdeal: Eine Frau gibt nicht auf

Kiels Oberbürgermeisterin Susanne Gaschke will sich entschuldigen, aber im Amt bleiben. Problematisch findet das ihre Elmshorner Amtskollegin Brigitte Fronzek.

"Gut, dass alles auf den Tisch kommt": Susanne Gaschke ist weiter obenauf. Bild: dpa

KIEL taz | Die Portraits ehemaliger BürgermeisterInnen schmücken die Wände im Kieler Rathaus – Susanne Gaschke will ihr eigenes Bild dort vorerst nicht hängen sehen: Einen Rücktritt schließt die Journalistin, seit Dezember Verwaltungschefin der Landeshauptstadt, aus. Das Disziplinarverfahren gegen sie sei nicht erfreulich, „na klar“, sagte Gaschke gestern. „Aber ich wäre nicht die erste, der so etwas passiert.“ Sie finde es gut, „dass bei einem solchen Verfahren alles auf den Tisch kommt“.

Die SPD-Politikerin steht unter Druck, weil sie im Sommer einem Kieler Arzt 3,7 Millionen Euro Zinsen und Säumniszuschläge für nicht gezahlte Steuern erlassen hatte, ohne das vom Stadtrat absegnen zu lassen. Im Gegenzug will der Mediziner 4,1 Millionen Euro Gewerbesteuer nachzahlen. Am Freitag hatte die Kommunalaufsicht des Innenministeriums – ebenfalls SPD-geführt – erklärt, Gaschkes Eilentscheidung sei falsch gewesen.

Die Oberbürgermeisterin kündigte gestern an, sich in der Ratsversammlung entschuldigen zu wollen, behielt aber ihren Kurs bei: Angriff. Erneut bezog sie auch ihren Amtsvorgänger ein, den heutigen Ministerpräsidenten Torsten Albig (SPD): Gaschke erinnerte daran, dass ein Vergleich mit dem steuersäumigen Arzt bereits unter Albigs Hoheit geprüft wurde. Zudem sei sie „irritiert“, dass Albig sie schon vor zwei Wochen gewarnt hatte, die Kommunalaufsicht könne gegen sie entscheiden.

Dies unterstellt, Albig habe Bescheid gewusst oder gar Einfluss ausgeübt – „absurd“ nennt das der SPD-Landeschef Ralf Stegner, Albig behält sich rechtliche Schritte vor. Einen Grund, sich bei ihrem Parteifreund zu entschuldigen, sieht Gaschke nicht. Sie wolle nichts unterstellen, erklärte sie, sagte aber gleichwohl: „Das Verfahren ist nicht offen, wenn der oberste Dienstherr seine Entscheidung getroffen hat.“

Albig hatte erklärt, er habe sich schlicht auf seine Sachkenntnis verlassen. Damit steht er nicht allein da: „Ich kenne keinen Kollegen, der sich vorstellen kann, dass ein derartiger Erlass per Eilentscheidung rechtens sein kann“, schrieb etwa die Elmshorner Bürgermeisterin Brigitte Fronzek, auch eine Sozialdemokratin, am Montag in einem offenen Brief an Gaschke. Es sei gesetzlich geregelt, dass die Ratsversammlung zuständig ist. Gaschkes Behauptungen, andere wollten ihr schaden, grenzten „an Paranoia“, schreibt Fronzek, die seit 18 Jahren Bürgermeisterin der sechstgrößten Stadt Schleswig-Holsteins ist. Gaschke schade allen politisch Verantwortlichen, denn ihr Verhalten sei „Wasser auf die Mühlen all derer, die meinen, ’die da oben‘ machen sowieso nur, was sie wollen“.

Gaschke scheint davon unberührt: Sie lobte am Montag die Opposition im Kieler Rathaus: Diese habe „die richtigen Fragen“ gestellt und „urdemokratisch gehandelt“. Mit der Regierung und der SPD-Landespartei gebe es nichts zu besprechen, so Gaschke, „ich erwarte, dass wir weiter sachlich zusammenarbeiten“. Das müsse „unter zivilisierten Menschen möglich sein“. Auf die Frage nach einem lautstarken Telefonat mit dem SPD-Landesvorsitzenden sagte sie: „Ralf Stegner brüllt nie am Telefon.“ Gerüchten zufolge hatte Gaschke selbst sich im Ton vergriffen.

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