Chef von griechischer Neonazi-Partei: Festnahme in der Morgenröte

Am Samstagmorgen bekamen Nikos Michaloliakos und weitere Chrysi Avgi-Funktionäre Polizeibesuch. Ihnen wird vorgeworfen, einer kriminellen Organisation anzugehören.

Hier durfte Nikos Michaloliakos noch den rechten Agitator mimen. Bild: ap

ATHEN afp | Die griechische Polizei hat den Vorsitzenden und mehrere Mitglieder der Neonazi-Partei Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte) festgenommen. Nikos Michaloliakos, der Abgeordnete und Parteisprecher Ilias Kassidiairis und zwei weitere Mitglieder seien am Samstagmorgen unter dem Vorwurf der Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation verhaftet worden, sagte ein Polizeivertreter. Demnach wurden zudem Haftbefehle für mindestens fünf weitere Abgeordnete und dutzende Mitglieder der Partei ausgestellt.

„Die Demokratie hat Mittel, sich zu verteidigen“, sagte Regierungssprecher Simos Kedikoglou wenige Minuten nach den Verhaftungen der Abgeordneten im Fernsehen.

Chrysi Avgi wird die Verwicklung in zahlreiche Angriffe auf Einwanderer und Linke vorgeworfen, darunter den Mord an dem linken Rapper Pavlos Fyssas. Der 34-jährige Musiker war am 18. September von einem Neonazi erstochen worden. Die Tat löste eine Welle der Empörung aus und führte zu weitreichenden Ermittlungen gegen die Partei.

Wie aus Polizeikreisen verlautete, wurden die Haftbefehle vom Obersten Gerichtshof ausgestellt, der auch mit der Ermittlung zum Mord an Fyssas betraut ist. Die Razzien am Samstag markierten einen Höhepunkt des Vorgehens von Justiz und Polizei gegen die Neonazis. Der Regierung war seit langem von Kritikern vorgeworfen worden, die Hetzreden und die Gewalttaten von Chrysi Avgi und ihren Anhängern viel zu lange geduldet zu haben.

Die Festnahme von Michaloliakos erfolgte einen Tag, nachdem er mit dem Rückzug aller Abgeordneter seiner Partei gedroht hatte. Die Partei werde alle ihre „verfassungsmäßigen Rechte“ ausschöpfen, um ihre „Ehre“ zu verteidigen, hatte Michaloliakos am Donnerstagabend gesagt. Jene, die seine Partei „dämonisierten“, würden die Verantwortung tragen, sollte das Land in einen „Kreislauf der Instabilität“ geraten.

Patt-Situation vor möglichen Nachwahlen

Chrysi Avgi ist mit 18 Abgeordneten im Parlament vertreten. Ihr Rückzug würde zu Nachwahlen in 15 Regionen führen. Dabei droht ihr Umfragen zufolge der Verlust der meisten oder all ihrer Mandate. Allerdings könnten Nachwahlen die Mehrheitsverhältnisse im Parlament durcheinanderbringen, in dem die Regierungskoalition von Antonis Samaras nur über eine Mehrheit von 155 der 300 Sitze verfügt.

Samaras' konservative Partei liegt in Umfragen gleichauf mit der linken Syriza-Partei, welche die aktuelle Spar- und Reformpolitik der Regierung vehement ablehnt.

Der Aufstieg von Chrysi Avgis ist eine Folge der jahrelangen Wirtschaftskrise in Griechenland, die zu einem starken Anstieg der Arbeitslosigkeit geführt hat. Die Partei schickte Schlägertrupps los, um Marktstände von Einwanderern zu verwüsten. Sie hielt nächtliche Fackelmärsche ab, bei denen sie ihre Widersacher als „Verräter“ und „Diebe“ beschimpfte, und sie organisierte Hilfsaktionen ausschließlich für ethnische Griechen. Ihren Mitgliedern wurden zudem gewaltsame Angriffe auf Ausländer und Gegner vorgeworfen, doch streitet die Partei jede Verantwortung dafür ab.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.