Kommentar Barilla: Mittelmäßig schwule Nudel

Guido Barilla möchte für seine Discounternudeln nicht mit schwulen Paaren werben. Damit spricht er für die Mitte der italienischen Gesellschaft.

Spricht für Italiens Mitte: Guido Barilla. Bild: dpa

Guido Barilla mag nicht so gerne homosexuelle Kundschaft. In einem Interview mit dem italienischen Sender „Radio 24“ sagte der Vorstandsvorsitzende des italienischen Unternehmens Barilla: „Wir werden keine Werbung mit Homosexuellen schalten, weil wir die traditionelle Familien unterstützen.“

Barilla selbst ging in dem Radiointerview so weit, dass er sagte: „Wenn Homosexuellen das nicht gefällt, können sie Nudeln eines anderen Herstellers essen.“ Und in der Tat forderten auch schon die ersten Menschen auf Twitter den Boykott von Barilla-Produkten – mit dem Hashtag #boicottobarilla.

Erinnert sich noch jemand an den berühmten Barilla-Spot mit dem Slogan: „Zuhause ist, wo Barilla ist“? Damals wie heute ist das Marketing der Firma klar auf die „sakrale Familie“ von Mutter, Vater, Kind ausgerichtet. Damit bleibt der Vorsitzende der Barilla Gruppe, die einen Jahresumsatz von zirka vier Milliarden Euro erwirtschaftet, nur seinem Marketingkonzept treu. Er möchte seine Zielgruppe nicht vergraulen – und das sind latent homophobe, heterosexuelle, italienische Familien.

Ein Boykott jedoch würde für den Konzern keinen Schaden bedeuten. Ähnlich wie ein Boykott der Olympischen Winterspiele in Sotschi niemanden treffen würde außer die Sportler: Die Spiele sollten eben erst gar nicht an homophobe Staaten vergeben werden.

Auf Linie mit Berlusconi

Was Guido Barilla in dem Interview gesagt hat, spiegelt nur die strukturellen Probleme Italiens: Rassismus, Homophobie, Misogynie. Der 55-Jährige Barilla-Chef steht mit seinen Aussagen in der die Mitte der italienischen Gesellschaft. Wie sie hat er auch keinen Respekt für ein volles Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare. Das zeigt eine Umfrage des italienischen Meinungsforschungsinstitut „Datamedia“. Zwar sind 54,1 Prozent der Italiener für die Gleichstellung der Ehe, aber 77,1 Prozent lehnen ein volles Adoptionsrecht für homosexuelle Paare ab.

Ansichten die nicht nur Barilla teilt, sondern auch die Politik. Die ehemalige Staatssekretärin für Gleichstellungsfragen Michaela Biancofiore sagte noch im Mai, dass die Italiener ganz „andere Sorgen als die Schwulenehe“ hätten. Oder Berlusconi selbst, der es besser findet, auf Minderjährige zu stehen als schwul zu sein. Und wie Binacofiore behauptet auch Guido Barilla, dass er ja eigentlich nichts gegen Homosexuelle hätte – so lange sie nicht stören.

Aber die Queers sollten stören. Laut sein. Sich gegen das tradierte Familienmodell aufstellen. Sichtbar sein. Sie sollten nicht die Nudeln boykottieren und schon gar nicht die Kekse vom Mulino Bianco oder das Wasa-Knäckebrot, die ebenfalls zum Konzern gehören. Das würde sie nur zu Opfern stilisieren. Nein, ihr Appell sollte lauten: Wir essen eure mittelmäßigen Nudeln einfach weiter – ob ihr uns wollt oder nicht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1982, ist seit 2011 bei der taz. Seit November 2012 wirkt er als Redakteur bei tazzwei/medien. Zuvor hat er ein Volontariat bei der taz absolviert.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.