Schießerei auf US-Marinestützpunkt: Schütze war ein Ex-Soldat

Die Polizei erschoss einen ehemaligen Marine, der zuvor auf einem Stützpunkt in Washington zwölf Menschen tötete. Ein terroristisches Motiv wird ausgeschlossen.

Tatort: Der Marinestützpukt „Navy Yard“ in Washington. Bild: reuters

WASHINGTON dpa/afp | Nach dem Blutbad auf einer US-Marinebasis in der Hauptstadt Washington suchen Ermittler fieberhaft nach Erklärungen für die Tat. 13 Menschen starben, nachdem ein ehemaliger Marine-Reservist am Montagmorgen schwer bewaffnet ein Kommandozentrum mit 3.000 Mitarbeitern betrat und das Feuer eröffnete. Acht Menschen wurden verletzt, darunter auch eine Polizist, der mit mehreren Schusswunden am Bein operiert werden musste.

Nach Polizeiangaben eröffnete der Täter am Montagmorgen gegen 08.20 Uhr (14.20 Uhr MESZ) auf dem Gelände des historischen Navy Yard im Südosten Washingtons das Feuer. Das Kommando- und Verwaltungszentrum der Marine liegt nur wenige Kilometer vom Weißen Haus entfernt und in der Nähe des Kapitols, in dem der US-Kongress tagt.

Die Bundespolizei FBI identifizierte den mutmaßlichen Schützen als Aaron Alexis. Der 34-jährige Afroamerikaner diente von 2007 bis 2011 in der Marine. Zuletzt war er als externer IT-Mitarbeiter für das Militär tätig: Angestellt war Alexis bei einer Firma, die im Auftrag des Computerkonzerns Hewlett-Packard bei der Marine die PC-Ausstattung erneuerte.

US-Medien zufolge war Alexis mit einem halbautomatischen Gewehr vom Typ AR-15, einer Shotgun und einer Handfeuerwaffe bewaffnet. Wie er damit auf den gesicherten Stützpunkt gelangen konnte, ist unklar. Denkbar ist laut Medienberichten auch, das er die Waffen auf dem Stützpunkt seinen Opfern entwendete. Nachdem er zwölf Menschen im Alter von 46 bis 73 Jahren erschossen hatte, starb er im Gefecht mit der Polizei. Aktive Marinesoldaten waren nach Angaben von Polizeichefin Cathy Lenier nicht unter den Opfern, sondern Zivilangestellte und private Auftragnehmer.

Kein terroristischer Hintergrund

„Wir wissen nicht, was das Motiv ist“, sagte Bürgermeister Vincent Gray am Montagabend (Ortszeit) und bezeichnete den Vorfall erneut als „schreckliche Tragödie“. Es gebe aber keine Anzeichen für einen terroristischen Hintergrund. Auch am Abend schlossen die Ermittler nicht aus, dass ein zweiter Mann in die Tat verwickelt sein könnte. Noch am Abend liefen die Fahndungen nach dem möglichen Komplizen des 34 Jahre alten Schützen aus dem US-Staat Texas.

Alexis besaß einen legalen Ausweis für das Marine-Gelände, auf dem nach Pentagon-Angaben mehr als 10.000 Menschen arbeiten. Nach einem Bericht des TV-Senders CNN hatte er ein Sturmgewehr, ein weiteres Gewehr sowie eine Pistole bei sich. Medienberichten zufolge konnte er die strengen Sicherheitskontrollen am sogenannten Navy Yard wegen seines Ausweises und trotz seiner Waffen passieren. Laut CNN wurde sein Ausweis im September 2012 ausgestellt und erst im Juli verlängert.

Trotz der Fahndung nach einem zweiten Verdächtigen sagte Polizeichefin Lenier am Abend, dass die Anwohner ihre Häuser wieder verlassen könnten. Der Todesschütze sei mit hoher Wahrscheinlichkeit der einzige Verantwortliche für die blutige Tat, sagte Lenier. „Wir folgen weiterhin jeder Spur“, sagte die stellvertretende FBI-Direktorin für Washington, Valerie Parlave.

Zuvor war die Gegend, in der sich auch viele Wohnhäuser, Geschäfte und ein Baseballstadion befinden, über Stunden weiträumig abgesperrt worden. Der Senat sagte seine Nachmittagssitzungen ab. Auch ein Baseballspiel im benachbarten Stadion wurde verschoben. Am Dienstag sollten die abgesperrten Straßen rund um den Tatort wieder freigegeben werden.

Unkontrollierte Wutausbrüche

Schon vor der Tat war der Schütze polizeibekannt. 2010 soll er in seiner Wohnung geschossen haben. 2004 zerschoss er die Reifen eines geparkten Autos, was der Schütze in eigenen Worten später als „Blackout“ beschrieb, wie die Polizei Seattle im US-Westküstenstaat Washington mitteilte.

Nach Angaben seines Vaters hatte er Probleme damit, seine Wutausbrüche unter Kontrolle zu bringen. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 soll er aktiv bei den Rettungsmaßnahmen mitgeholfen haben und seitdem an einer Art posttraumatischen Belastungsstörung gelitten haben.

US-Präsident Barack Obama sprach den Angehörigen sein Beileid aus. Er ordnete an, die Flaggen in der Hauptstadt bis Freitag auf Halbmast zu setzen. Zuvor hatte er erklärt, die Verantwortlichen für den „feigen Akt“ zur Rechenschaft ziehen zu wollen. Außerdem beklagte er, dass die USA erneut mit einer „Massenschießerei“ konfrontiert seien. Obama setzte sich nach dem Massaker vergangenen Dezember an der Grundschule von Newtown im Bundesstaat Connecticut für schärfere Waffengesetze ein, sein Vorhaben scheiterte aber im April im Kongress.

Lasche Waffenkontrollbestimmungen

„Wann ist es endlich genug?“, fragte die demokratische Senatorin Dianne Feinstein, die für ihren vehementen Einsatz zugunsten schärferer Waffenkontrollbestimmungen bekannt ist. Sie beklagte eine „lange Abfolge von Massakern“, die von „durchgedrehten“ Tätern verübt worden seien, weil es ihnen möglich war, „zahlreiche Waffen, darunter militärische Sturmgewehre“ zu erhalten.

In den USA weckte der Fall Erinnerungen an den Amoklauf auf dem US-Militärstützpunkt Fort Hood in Texas. Dort erschoss im November 2009 der muslimische US-Militärpsychiater Nidal Hasan 13 Menschen, Dutzende wurden verletzt. Der 43-Jährige wurde dafür im vergangenen Monat von einer Militärjury zum Tode verurteilt.

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