Neu-rechte Kontinuitäten in Thüringen: Regierungssprecher auf Abwegen

Thüringens Regierungssprecher Hahn war länger in der sogenannten neuen Rechten aktiv, als er behauptet. Er distanziert sich nicht eindeutig von der Szene.

Zweifelnder Blick, zweifelhafte Zukunft. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Debatten um Karl-Eckhard Hahn hören nicht auf. Bereits im August hatte sich der thüringische Regierungssprecher (CDU) im Kabinett zu seinen neu-rechten Verstrickungen erklären müssen. Er beteuerte, sich nach der Gründung der neu-rechten Zeitschrift Etappe 1989 zurückgezogen zu haben, weil das Blatt gegen sein „Verständnis von Menschenwürde“ verstoße. Er erwähnte aber nicht, über den „Verein zur Förderung von Wissen und Publizistik“ weiter in dem Milieu verankert gewesen zu sein.

„In Zeiten des NSU muss jeder politische Funktionsträger – gerade in Thüringen – über jeden Zweifel an seiner Haltung gegenüber rechtsextremen Organisationen und Ideologien erhaben sein“, sagt Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig der taz. Bereits als die Aktivitäten des Regierungssprechers bei der Deutschen Gildenschaft (DG) und den Zeitschriften Phönix und Etappe im August bekannt wurden, forderte der SPD-Minister eine klare Distanzierung.

Der Verein zur Förderung von Wissen und Publizistik bestand knapp drei Jahre, Hahn gehört zu den Gründern. Laut Eintrag im Vereinsregister Goslar wurde der Verein am 28. Februar 1988 mit dem Ziel gegründet, „Veranstaltungen und Publizistik“ zu fördern.

Karl-Eckhart Hahn gehörte zu den Gründern der DG

Von den sieben Gründern waren sechs eng mit der rechtslastigen Etappe verbunden, darunter der stellvertretende Vereinsvorsitzende Heinrich Theodor Homann und der zweite Stellvertreter Herbert Mengele. Homann war seinerzeit Herausgeber der Etappe, Mengele war dort Autor.

Bis zur Selbstauflösung am 16. Juni 1991 in Göttingen war auch Hahn dabei. Er hatte aber erklärt, schon drei Jahre vorher diese Kontakte abgebrochen zu haben. Fünfzig Minuten dauerte die Versammlung zur Auflösung, Hahn hat das damals protokolliert.

Es scheint Hahn nicht leicht zu fallen, sich von diesem Milieu zu lösen. Im Jahr 1993 ermöglichte er dem DG- und Etappe-Mitstreiter Karlheinz Weißmann auf einer Veranstaltung der Europaministerin und heutigen thüringischen Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU), einen Vortrag über die Nation als „Herkunftsgemeinschaft“ zu halten.

Delegimitierung des demokratischen Verfassungsstaats

Schon damals galt Weißmann als einer der Vordenker der sogenannten Neuen Rechten, später gründete er das Institut für Staatspolitik mit. Die „Neue Rechte“ versucht, den demokratischen Verfassungsstaat zu delegitimieren, indem sie demokratische Begriffe diffamiert und umwertet, sagt Armin Pfahl-Traughber, Professor an der Brühler Fachhochschule des Bundes.

„Ich habe mich geistig weiterentwickelt“, sagte hingegen Hahn unlängst der taz. Allerdings wolle er die DG nicht verlassen, sondern seine Mitgliedschaft vorerst ruhen lassen. Der DG gehört Hahn seit 1982 an. In deren Satzung steht, dass „die Zugehörigkeit zum deutschen Volk“ der „Ausgangspunkt des politischen Denkens“ sein müsse.

Das Kabinett in Thüringen beschloss bei seiner Sitzung im August, die DG durch die Innenministerkonferenz (IMK) prüfen zu lassen. „Es ist schon ein einmaliger Vorgang, dass ein Regierungssprecher von der Innenministerkonferenz auf seine Nähe zu rechten Organisationen überprüft werden muss“, kommentiert Machnig. Die Innenministerkonferenz tagt im Dezember.

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