Kommentar Verfassungskomission Kairo: Effektiv statt demokratisch

Die Wahl der Verfassungskomission in Ägypten erfolgte ganz im Sinn von Armeechef al-Sisi. Sie ist effektiv, aber keineswegs demokratisch.

Islamisten sind in dem 50-köpfigen Gremium, das von Amr Moussa geleitet wird, kaum präsent. Bild: dpa

Ene, mene, muh und raus bist du – diesmal hat es die Islamisten getroffen. 2012 waren es noch die ägyptischen Säkularen, die bei der mittlerweile wieder annullierten Verfassung nicht mitreden durften. Und wer zählte diesmal ab? Armeeführer Abdel Fatah al-Sisi. Ganz in seinem Sinne wählte der Übergangspräsident die Mitglieder des neuen Verfassungskomitees aus. Die Wahl ist effektiv, die Chance auf Einigung groß. Nur demokratisch ist sie nicht.

Die Islamisten sind in dem 50-köpfigen Gremium kaum präsent: Das Lager soll von einem ehemaligen (!) Muslimbruder und einem Vertreter der salafistischen Nour-Partei repräsentiert werden. Zwar finden sich neben Vertretern politischer Parteien, der Zivilgesellschaft und der Jugend auch einige Rechtsgelehrte der Kairoer Azhar-Universität.

Doch auch sie haben klargemacht, dass sie die neu eingeführten islamischen Elemente der Verfassung wieder abschaffen wollen. Weniger Islam und eine starke Rolle des Militärs. So lässt sich der Entwurf, über den beraten wird, zusammenfassen. Der Konsens hierüber scheint sich jedoch auf die Mitglieder des Verfassungskomitees zu beschränken. Das Volk – davon wird ausgegangen – wird am Ende sowieso mit Ja stimmen.

Effektivität ist angebracht, denn eine Verfassung muss endlich her. Und sicherlich ist eine eher säkulare Verfassung für ein zwischen Gegnern und Sympathisanten des politischen Islam gespaltenes Land mit einer großen christlichen Minderheit keine schlechte Wahl. Wenn darüber doch nur Konsens herrschte! Aber die Chance auf Einigung haben die Muslimbrüder und die Armee gemeinsam verspielt. Was beiden Seiten fehlt, ist eine demokratische Gesinnung.

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ist Redakteur für Nahost & Nordafrika (MENA). Davor: Online-CVD bei taz.de, Volontariat bei der taz und an der Evangelischen Journalistenschule Berlin, Studium der Islam- und Politikwissenschaft in Berlin und Jidda (Saudi-Arabien), Arabisch in Kairo und Damaskus. Er twittert unter twitter.com/jannishagmann

Auch Jahre nach Beginn des „Arabischen Frühlings“ reißen die Massenproteste nicht ab. Ein ganzes Jahrzehnt ist tief durch die Arabellion geprägt. Im Schwerpunkt-Dossier „Zehn Jahre Arabischer Frühling“ berichten taz-Korrespondent*innen und Gastautor*innen aus den Umbruchsländern vom Maghreb über Nordafrika bis nach Syrien, den ganzen Nahen Osten und die arabische Halbinsel.

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