Steuerpläne zur Wahl: Spinnen die wieder, die Grünen?

Kämen sie an die Regierung, würde Jürgen Trittin die Wohlhabenden zahlen lassen, für eine bessere Gesellschaft. Machen die Grünen-Wählerinnen da mit?

Jürgen Trittin hat die Steuerpläne der Grünen entworfen. Bild: dpa

Eines der wesentlichen medialen Themen dieses Wahlkampfs ist bisher, dass dieser Wahlkampf kein Thema hat. Es gehe ja um nichts. Alle seien sich einig. Welcher Wahlkampf überhaupt?

Selbst wenn das so wäre, wäre es nicht immer so gewesen. Denn Mitte Mai hatte es eine große Aufregung gegeben. Es ging um Geld und um die Grünen und um Jürgen Trittin und Winfried Kretschmann. Für einen kurzen Zeitpunkt schien es da ein sehr wichtiges Thema zu geben, das auf mindestens zwei unterschiedliche Arten diskutiert wurde:

Die Grünen wollen eine gerechtere Gesellschaft. Und: Sie spinnen halt doch noch die Grünen.

Auf dem Berliner Parteitag hatte sich der Spitzenkandidat Jürgen Trittin mit seinem Vorschlag durchgesetzt, Wohlhabende stärker zu besteuern. Trotz der grundsätzlichen Kritik, die der Baden-Württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann vorher lanciert hatte.

Anschließend war in den Politikteilen Deutschlands kurz ein wenig was los. Von einem drastischen „Steuer- und Abgabenerhöhungsprogramm“ sprach der Spiegel und erinnerte daran, wie die Grünen 1998 mit ihrem Ziel von fünf Mark pro Liter Sprit fast den Wahlsieg verschenkt hätten.

Ab wann ist man reich? Die Grünen probieren etwas Neues. Sie wollen ihre wohlhabenden Wähler mit höheren Steuern belasten. Aber was sagen die dazu? Wo beginnt überhaupt die Oberschicht? Die Titelgeschichte „Ich will dein Geld“ lesen Sie in der taz.am wochenende vom 10./11. August 2013. Darin außerdem: „Wollen wir das wirklich?“ Yvonne Hofstetter entwirft Algorithmen. Für private Konzerne oder Rüstungsfirmen. Ein Gespräch über die wachsende Macht der Maschinen. Und: Die Grünen fordern weniger Kantinenschnitzel. Der sonntaz-Streit zur Frage: Ist ein Veggie Day geboten? Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Ein wenig abgeben?

„Wir machen das, weil die Bundesrepublik überschuldet ist, die Infrastruktur verfällt und auch Bildung und Energiewende solide finanziert werden müssen", rechtfertigte sich Jürgen Trittin.

War es nicht auch ein sinnvoller Vorschlag? Bei denen, die haben, ein wenig die Steuern und Abgaben erhöhen, um denen die weniger haben oder den Projekten, die es bräuchten, ein wenig von diesem Geld zu geben?

Oder hatte sich Trittin eine Kamikaze-Mission ausgedacht, weil es niemals sinnvoll sein kann, Wählerinnen und Wählern zu eröffnen, dass man Geld von ihnen will?

Die Grünen stellen mit ihren Steuerplänen auch eine grundlegendere Frage: Ab wann ist man eigentlich reich? Ab wann kann eine Regierung also möglichst guten Gewissens mehr finanziellen Einsatz von jemandem verlangen?

Reporter der taz.am wochenende haben sich in den vergangenen Wochen aufgemacht an unterschiedliche Orte Deutschlands, um diesen Fragen nachzugehen. Vor allem wollten sie wissen, was die Grünen-Wählerinnen sagen, die von den Steuerplänen betroffen wären.

Genossinnen helfen

Geholfen hat für diese Recherche das große Genossinnen-Netzwerk der taz. Fast 13.000 Menschen, die die Zeitung finanziell unterstützen. Der Chef des Parlamentsbüros Ulrich Schulte schrieb eine Mail an die Genossinnen und Genossen und fragte, welche Familie mit hohem Einkommen mit uns über Geld reden würde. Er erhielt 150 Antworten. 26 Genossen bewerteten die Grünen-Pläne eher positiv, 11 negativ, 65 Genossen werteten nicht und boten sich an, über die Grünen-Pläne zu reden.

Die Titelgeschichte „Reich in der Mitte“ der taz.am wochenende vom 10./11. August 2013 stellt mehrere dieser Familien vor, erzählt, was sie einnehmen und ausgeben und was sie bereit wären, abzugeben.

Sie geht außerdem der Frage nach, warum sich keiner der Wohlhabenden für reich hält und fast alle sich als Teil der Mittelschicht bezeichnen.

„Selbst Menschen, die nach unserer Definition wohlhabend sind, zählen sich zur Mittelschicht“, sagt Markus Grabka vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.

Wirkt sich diese Selbsteinschätzung auch auf die Bereitschaft aus, vom eigenen Einkommen noch mehr abzugeben?

Die Pläne für die Steuererhöhungen sind vielleicht der schmerzhafteste Realitätstest fürs grüne Ich. Grüne sind schließlich keine unsolidarischen Geizlinge. Oder?

Gehen die Grünen mit ihren Vorschlägen den richtigen Weg? Oder müsste man ganz andere Maßnahmen planen: Die Erbschaftssteuer grundlegend reformieren beispielsweise? Was meinen Sie? Diskutieren Sie mit!

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