Kolumne Luft und Liebe: Dann kackt doch in den Wald

Im Sommmerloch vögeln die Affen. Die Menschen gucken zu und machen sich Gedanken. Weil der Mensch ein Mensch ist, will er, dass es um ihn geht.

Voll süß, voll monogam, voll kein Mensch: das Erdmännchen. Bild: dpa

Sex geht immer. Ist so. Sommerloch auf, Sex rein, Sommerloch zu. Oder Tiere. Sommerloch auf, Tiere rein, voll süß. Einmal habe ich einen Text geschrieben, in dem es um schlechtes Wetter ging. Es war Ostern, es war kalt und es lag Schnee, das hatte ich, ähm, recherchiert. Viel mehr stand in dem Text nicht drin. Aber in der Überschrift gab es das Wort „//twitter.com/marga_owski/status/319975697152102400:Ficken“. Es wurde der meistgeklickte Artikel des Tages auf taz.de. Auf dem zweiten Platz war ein Text, in dem beschrieben wurde, wie in Nordkorea die Lage immer dramatischer wird. Nun. So sind sie, die Menschen.

Und weil der Mensch ein Mensch ist, will er, dass es um ihn geht. Auch wenn es eigentlich um Tiere geht. Ein Haufen TierforscherInnen hat vor Kurzem das getan, was TierforscherInnen so tun: Tiere beobachtet, und aufgeschrieben, was die Tiere so machen. Ficken, zum Beispiel. Überraschung.

Die ForscherInnen gehörten zu zwei verschiedenen Gruppen, die untersuchten, warum manche Tierarten monogam leben. Die eine Gruppe kam zu dem Schluss, dass Affenväter nur bei den Affenmüttern bleiben, um die gemeinsamen Babys vor Kindstötung zu schützen.

Die andere Gruppe fand, das stimmt nicht. Der Grund, warum das Männchen beim Weibchen bleibe, sei oft einfach, dass das nächste Weibchen zu weit weg ist, und dann müsste man erst... und ach... und überhaupt... und dann bleibt man halt zu Hause. Monogamie aus Faulheit. Mitten im Sommerloch kamen diese zwei Studien jetzt raus.

Und alle so: Oooooh, was heißt das für die Menschen? Was können wir daraus lernen für unser liebes Liebesleben? Warum ist der Mensch wohl eine monogame Art? War er schon immer...? – Stopp. Fehler, Fehler, Fehler, Fehler.

Wer außerhalb der CDU kommt auf die Idee, dass die Menschen eine monogame Art sind? Gibt es bei Affenstudien überhaupt die Vergleichskategorie „Na-ja-sie-versuchen-es-ziemlich-oft-monogam-aber-dann-bleiben-sie-auf-der-Betriebsfeier-betrunken-und-mit-verschmiertem-Lippenstift-am-nächstbesten-Vollhampel-kleben“?

Das Problem ist, dass Studien über Schimpansen oder Stinktiere in den allermeisten Fällen nichts über Menschen sagen. So einfach und so kränkend ist das. Der Mensch hat irgendwann dieses crazy Ding angefangen, das sich Kultur nennt. Seitdem ist vieles anders. Seitdem schreibt der Mensch im Alter von zwölfeinhalb Jahren peinliche Tagebucheinträge und hängt sich mit vierzig monochromen Quatsch an die Wand. Machen Tiere nicht.

Die meisten Tiere essen ungewaschenes Zeug vom Boden, sie vollziehen ihr Geschäft im Wald und haben danach Kacke im Fell hängen. Sie lecken nach der Geburt ihr Junges ab und schlabbern dann die Plazenta weg. So, und jetzt los. Alle Leute, die der Meinung sind, aus Menschenaffen-Monogamie-Studien irgendetwas über menschliches Zusammenleben lernen zu können, geben als Erstes ihr Klopapier wieder zurück. Und die Brille. Und die Espressomaschine. Alle Bücher. Auch ihre Schnabeltassensammlung, oder was sie sonst noch so haben.

Und dann reden wir noch mal ganz in Ruhe, bei einem ungekühlten Schluck Tümpelwasser. Also für die. Für mich einen Eiskaffee.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1986. Schreibt seit 2009 für die taz über Kultur, Gesellschaft und Sex. Foto: Esra Rotthoff

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.