Bericht über Doping in der BRD: „Man hätte es wissen können“

Die Studie über systematisches Doping in der BRD ist veröffentlicht – allerdings nur in einer Minimalversion. Es gebe mehr Fragen als Antworten, kritisiert die SPD.

Immer rein damit! Bild: dpa

BERLIN dpa | Die Enthüllungen über weitreichende Dopingpraktiken in der Bundesrepublik halten den deutschen Sport weiter in Atem. Der Deutsche Olympische Sportbund hat bereits Maßnahmen ergriffen. „Wir haben eine unabhängige Kommission eingesetzt und den Vorsitzenden benannt, das ist der ehemalige Bundesverfassungsrichter Udo Steiner“, sagte DOSB-Präsident Thomas Bach im heute-journal des ZDF.

Steiner werde den Bericht der Berliner Humboldt-Universität evaluieren und dem DOSB-Präsidium Empfehlungen „geben für den Umgang damit und auch für Lehren für die Zukunft“.

Bach begrüßte die nun stattfindende öffentliche und wissenschaftliche Diskussion über die Doping-Vergangenheit der Bundesrepublik. „Das ist das, was wir wollten. Wir wollten Klarheit und Offenheit. Und jetzt kann man sich mit größtmöglicher Transparenz mit diesen Ergebnissen auseinandersetzen."

Die Ex-Spitzensportlerin Heidi Schüller erhob unterdessen schwere Vorwürfe gegen Thomas Bach erhoben. „Thomas Bach muss mehr gewusst haben, als er jetzt zugibt. Er kann doch auch lesen“, sagte Schüller in einem Interview der Münchner Tageszeitung tz. „Aber wenn man IOC-Präsident werden will, dann schweigt man besser.“

Kritik an Bach

Die frühere Weitspringerin Schüller hatte 1972 bei den Heim-Sommerspielen in München den olympischen Eid gesprochen - als erste Frau überhaupt. Auf die jüngsten Enthüllungen habe sie „mit einem Schulterzucken reagiert, weil es mich nicht mehr aufgeregt hat. Es ist doch fast schon lächerlich, wie lange alle Veröffentlichungen verhindert wurden“, sagte die heute 63-Jährige. Schüllers Fazit: „Wer wollte, hätte es wissen können.“

In ihrer aktiven Zeit sei Doping vor allem in den Leichtathletik-Wurfdisziplinen alltäglich gewesen. „Jeder konnte es im Kraftraum sehen. Anabolika wurden genommen, die übrigens auf dem Schwarzmarkt gehandelt wurden. Dazu Cortison, das von Ärzten verschrieben wurde. Auch bei ausländischen Sportlern haben wir es gesehen.“

Mehr Fragen als Antworten

Die Studie wurde am Montag im Internet veröffentlicht - allerdings nur in einer gekürzten Version. Das kritisiert die Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag, Dagmar Freitag. In hr-iNFO sagte die SPD-Politikerin, die veröffentlichte Minimalversion des Berichts werfe mehr Fragen auf als sie Antworten gebe. So seien vermutlich interessante Namen geschwärzt worden. Freitag sprach von einem Bericht, „der von Auslassungen und Platzhaltern wie N.N. dominiert wird“.

Die Politik habe aber ein Anrecht darauf, mehr zu erfahren, auch um die richtigen Lehren für die Zukunft daraus zu ziehen. Dass offiziell datenschutzrechtliche Gründe für die Auslassungen angeführt werden, hält Freitag für abwegig. „Diese Argumentation hat man sich ja auch nicht bei der Aufarbeitung der Stasi-Unterlagen zu eigen gemacht“, sagte sie. In einem Rechtsstaat müssten gleiche Maßstäbe angesetzt werden.

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