Antiziganismus in Ungarn: Kein Wasser für Roma

Auch Ungarn erlebt eine Hitzewelle. Doch die Stadt Ozd verweigert Roma die Wasserversorgung. Sie würden das Wasser „verschwenden“.

Zugang zu Wasser ist ein Menschenrecht? Anscheinend nicht überall. Bild: dpa

BUDAPEST dpa | Trotz extremer Hitze hat die Verwaltung der nordungarischen Stadt Ozd eine bitterarme Roma-Siedlung von der Wasserversorgung abgeschnitten. Zur Begründung erklärte das Rathaus, die Roma würden Wasser „verschwenden“ und dies sei zu teuer für die Stadt.

Ozd wird von Politikern der in Budapest regierenden rechtsnationalen Partei Fidesz von Ministerpräsident Orban verwaltet. Kritiker werfen Fidesz seit langem vor, den im Land grassierenden Rassismus gegen Roma zu fördern.

In der betroffenen Roma-Siedlung haben die Bewohner kein fließenes Wasser in den Wohnungen. Sie müssen sich deshalb an den Hydranten und Brunnen auf der Straße mit Wasser versorgen. Doch gab es dort auf Anordnung der Stadt an diesem Wochenende teils gar kein Wasser, teils nur in sehr dünnem Strahl. In Ungarn stiegen die Temperaturen am Wochenende auf 37 Grad im Schatten, die Hitzewelle soll laut Prognosen weiter andauern.

Ungarns linke Oppositionsparteien protestierten gegen die Maßnahme der Ozder Stadtverwaltung. Diese sei nicht nur unmenschlich, sondern auch rechtswidrig und gefährlich für die Gesundheit im ganzen Ort, erklärte das linksliberale Oppositionsbündnis Együtt-PM (Gemeinsam-PM) am Montag. Együtt-PM verwies auch darauf, dass Ozd von der Schweizer Regierung 1,5 Milliarden Forint (ca. 5 Mio. Euro) geschenkt bekommen habe, speziell um die Wasserversorgung im Roma-Viertel einzurichten.

Urteil im Roma-Mordprozess steht bevor

In Budapest wird indes am Dienstag die Urteilsverkündung in erster Instanz zu einer Serie von rassistisch motivierten Morden an Roma erwartet. Bei den Anschlägen, die vor fünf Jahren begannen, wurden sechs Roma getötet, darunter ein fünfjähriges Kind. Zehn weitere Opfer wurden schwer verletzt. Vor Gericht stehen drei Hauptangeklagte und ein Komplize. Bei ihren neun Anschlägen in den Jahren 2008 und 2009 hatten sie laut Anklageschrift insgesamt 80 Gewehrschüsse abgegeben und Dutzende Molotow-Cocktails auf von Roma bewohnte Häuser geworfen. Dadurch hätten sie mindestens 50 Menschen in Gefahr gebracht.

Bei zwei Anschlägen hätten die Täter zunächst die Häuser der Roma angezündet und dann auf die vor den Flammen fliehenden Bewohner geschossen. Dazu gehört der Fall von Tatarszentgyörgy bei Budapest vom 23. Februar 2009, der in Ungarn besonderes Aufsehen erregt hatte, weil dabei auch ein fünfjähriges Kind ums Leben kam: Der kleine Robika starb zusammen mit seinem Vater im Kugelhagel, auf der Flucht vor dem Feuer.

Bei einem weiteren Anschlag schossen die Täter durch ein Fenster auf schlafende Roma. In einem anderen Fall hatten die Täter nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft gezielt einen bestimmten Rom erschossen, um gewaltsame Reaktionen seitens der Roma-Gemeinde vor Ort zu provozieren.

Den drei Hauptangeklagten droht lebenslanger Freiheitsentzug, der Komplize dürfte eine mildere Strafe bekommen. Das Urteil des Gerichts für den Bezirk Pest fällt eine Woche vor dem Ende der Frist, nach der die Angeklagten aus ihrer Haft entlassen werden müssen, falls sie bis dahin nicht verurteilt werden. Die mutmaßlichen Täter sitzen seit 2009 in Untersuchungshaft.

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