Fahnder beobachten BER-Gegner: Geheime Gefahrenabwehr

Polizisten in Zivil beobachten die Flugroutendemonstranten – zu deren eigenem Schutz, sagt die Innenbehörde. Piraten-Abgeordneter Martin Delius glaubt das nicht.

So merkt's jeder. Aber die BER-Gegner werden heimlich von Zivilen beobachtet. Bild: dpa

Die Polizei hat mit Zivilfahndern die Proteste gegen die Flugrouten des neuen Großflughafens BER beobachtet. Bei Demonstrationen wurden „Dienstkräfte der Polizei Berlin in bürgerlicher Kleidung im Rahmen ihrer räumlichen Zuständigkeit zur Gefahrenabwehr und zur Strafverfolgung eingesetzt“, schreibt Bernd Krömer (CDU), Staatssekretär der Senatsverwaltung für Inneres, auf eine parlamentarische Anfrage des Piraten-Abgeordneten Martin Delius.

Aufgabe der Zivilfahnder ist demzufolge, „Umstände und Geschehensabläufe zu ermitteln“, die für die Beamten „für die Beurteilung der polizeilichen Lage und die Erstellung sowie Aktualisierung eines Lagebildes erforderlich sind, um die Versammlungen vor Störungen zu schützen“. Bei den Demonstrationen wurde nach Angaben der Polizei auch eine Reihe von Straftaten begangen. Es wurden Verfahren wegen des Verdachts der Körperverletzung, des Widerstands gegen Polizisten und des Landfriedensbruchs eingeleitet.

Bei den meisten Demos

Was haben diese Polizisten eigentlich zu verbergen? Warum begleiten sie die Demonstrationen der Flugrouten-Gegner nicht in ihrer Uniform, sondern in zivil? Es ist rätselhaft, was aus Sicht der betreffenden Beamten überhaupt dafür spricht. Es kann ja kaum sein, dass sie befürchten, von den Demonstranten angegriffen zu werden - vielleicht am 1. Mai, aber doch nicht bei diesem gutbürgerlichen Flugrouten-Protestpublikum. Vielleicht ist den Beamten auch ihr Beruf peinlich und sie möchten damit in der Öffentlichkeit nicht in Verbindung gebracht werden. Dann sollten sie ihn lieber wechseln. Die Polizeiführung jedenfalls sollte auf solche Befindlichkeiten keine Rücksicht nehmen.

Fehlendes Hilfsangebot

Die Bürger zahlen für die Polizisten, die in ihrem Auftrag tätig werden. Deshalb sollten die Bürger auch die Möglichkeit haben, sich an die Polizisten wenden zu können, wenn sie Hilfe brauchen. Die Polizei gibt an, dass im Zusammenhang mit den Flugrouten-Demonstrationen unter anderem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Körperverletzung eingeleitet wurden. Wären die Taten glimpflicher verlaufen, wenn die Opfer einen als solchen erkennbaren Polizist hätten zur Hilfe rufen können?

So bleibt nur der Verdacht, dass es der Polizei doch nicht um die Sicherheit der Demonstrierenden geht. Sondern darum, sie dabei auszuforschen, wenn sie ihre weiteren Protestpläne besprechen und dabei keine Polizei dabei haben wollen. Das Abgeordnetenhaus sollte das dringend aufklären. SEBASTIAN HEISER

Nach Angaben von Polizeisprecher Stefan Redlich beschränkt sich die Arbeit der Zivilfahnder jedoch nicht auf die Flugroutenproteste – sie würden sogar bei den meisten größeren Demonstrationen eingesetzt. Es gehe dabei nicht darum, die jeweilige Protestbewegung auszuspionieren. Die Beamten sollten vor Ort ein Bild von der Lage bekommen und es an die Zentrale durchgeben – und so auch Störungen der Demonstration durch Dritte frühzeitig melden.

„Soweit mir bekannt ist, wurde noch nie eine Flugroutendemonstration von anderen Bürgern gestört“, sagte der Piraten-Abgeordnete Delius. Er hält das alles für unplausibel und fordert: „Da muss mir die Polizei mal erklären, welche Gefahren ausgehen von älteren, gut situierten Leuten, die seit Jahren friedlich ihre Veranstaltungen abhalten und dort ihre Plastikstühle mitbringen, damit sie sich zwischendurch mal hinsetzen können. Das ist ja nicht der Schwarze Block.“ Ihm sei „nicht klar, wie die Innenverwaltung davon ausgehen konnte, dass dort irgendeine Gefahr besteht“.

Delius wundert sich auch, dass Staatssekretär Krömer in der Antwort keine Unterscheidung macht zwischen Demonstrationen und Informationsveranstaltungen. „Aufgrund der Schwammigkeit der Antworten vermute ich, dass auch dort Zivilfahnder eingesetzt wurden, wo die Menschen sich informierten und über das weitere Vorgehen berieten.“ So eine Ausforschung der Protestbewegung sei besonders problematisch und halte Leute davon ab, sich zu engagieren. SEBASTIAN HEISER

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