Kommentar Email-Briefgeheimnis: Neuland für Grüne

Die Grüne fordern ein Email-Briefgeheimnis und zeigen, wie wenig sie den NSA-Spähskandal durchdrungen haben. Das Problem ist nicht das deutsche Recht.

Das Internet ist nicht nur für Angela Merkel Neuland. Angesichts der NSA-Spähaffäre zeigen auch andere Spitzenpolitiker wie die Grünen Jürgen Trittin und Katrin Göring-Eckardt, dass sie sich noch nicht richtig mit der telekommunikativen Welt beschäftigt haben.

Die Grünen verlangen allen Ernstes, dass E-Mail und SMS im Grundgesetz endlich so geschützt werden sollen wie der Brief. Dabei praktiziert das Bundesverfassungsgericht dies längst ganz selbstverständlich. Wem bei Artikel 10 des Grundgesetzes nur das Postgeheimnis einfällt, lebt hinter dem Mond. Das parallele Fernmeldegeheimnis steht nicht nur seit 1949 im Grundgesetz, sondern war auch schon seit 1919 in der Weimarer Verfassung enthalten.

Das Problem am NSA-Spähskandal ist nicht das deutsche Recht, sondern dessen Durchsetzung in der Welt. Das Grundgesetz verpflichtet nun mal nur den deutschen Staat und nicht den amerikanischen Geheimdienst. Wenn sich die NSA Daten (auch von Deutschen) auf den amerikanischen Servern von Unternehmen wie Facebook oder Amazon holt, interessiert sie das deutsche Fernmeldegeheimnis wenig. Ebenso wenn die NSA Tiefseekabel anzapft, um internationale Kommunikation (auch von Deutschen) abzugreifen.

Nur wenn die NSA an deutschen Internetknoten wie dem Frankfurter de-cix Daten ausspäht, greift deutsches Recht. Dies wäre eindeutig strafrechtlich verboten. Bisher ist ein solcher Eingriff auf deutschem Boden aber nur ein unbewiesenes Gerücht.

Auch wenn Bundesnachrichtendienst und Verfassungsschutz im Auftrag der Amerikaner anlasslos deutsche Daten abfischen und diese der NSA zur Verfügung stellen würden, wäre das ein in Deutschland abzustellender Skandal. Doch auch hierfür gibt es bisher nur erste Indizien.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.