Kommentar Magnitski-Prozess: Niedriger geht es nicht mehr

Das absurde Verfahren gegen den verstorbenen Anwalt Magnitski zeigt: In Russland werden Kritiker des Regimes mundtot gemacht – im Wortsinn.

Offensichtlich ist die russische Justiz derzeit mit Schauprozessen gegen lebende Oppositionelle noch nicht ausgelastet. Nein, jetzt werden auch noch Tote vor den Kadi gezogen.

Mit dem absurden Verfahren gegen den Anwalt Sergei Magnitski, der im Gefängnis zu Tode gefoltert wurde und sich folglich nicht mehr selbst verteidigen kann, hat die russische Führung besonders nachdrücklich ihre Haltung gegenüber Andersdenkenden demonstriert. Und die ist nichts anderes als zynisch und menschenverachtend.

Dabei geht es auch bei dieser Justizfarce in der gelenkten Demokratie des Präsidenten Wladimir Putin wieder einmal um ein und dasselbe: Kritiker des stetig weiter in den Autoritarismus abgleitenden Regimes mundtot zu machen – und das auch schon mal im wahrsten Sinne des Wortes.

Damit einher gehen durchsichtige und meist peinlich anmutende Versuche, mit Hilfe von willfährigen Rechtsprechungsorganen in politisch motivierten Verfahren die wahren Täter von jeder Schuld reinzuwaschen. Und das alles mit dem Ziel, schwerste Verbrechen der korrupten Staatsmacht zu vertuschen.

Wenn die Machthaber aus diesem Grund nicht einmal davor zurückschrecken, Verstorbene in den Dreck zu ziehen, wirft das unwillkürlich die Frage auf, wie es um dieses System bestellt sein muss.

Scheinbar nicht sonderlich gut. Wer so agiert und sich nicht einmal die Mühe macht, sein Treiben zu kaschieren, steht mit dem Rücken zur Wand. Oder glaubt Wladimir Putin allen Ernstes, auf diese Art bei seinen Untertanen verlorene Glaubwürdigkeit zurückgewinnen zu können? Auf den nächsten Akt im Kampf gegen die Opposition darf man gespannt sein. Nur so viel ist klar: Viel niedriger geht es nicht mehr.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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