Ausschuss untersucht Drohnenskandal: Minister müssen antreten

Der Euro Hawk darf über Deutschland nicht fliegen. Mehrere Verteidigungsminister und Topsoldaten sollen nun dem Bundestag erklären, wieso bestellt wurde.

Darf nicht fliegen, schon lange nicht. Wurde aber trotzdem bestellt: Euro-Hawk-Drohne. Bild: dpa

BERLIN taz | Eine kleine Gala ehemaliger Verteidigungspolitiker verspricht der Untersuchungsausschuss zum Euro Hawk zu werden, der am Mittwoch im Bundestag gegründet wird. Erste geladene Gäste am 22. Juli: Exgeneralinspekteur der Bundeswehr Wolfgang Schneiderhan sowie die Exverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) und Franz Josef Jung (CDU).

Das Aufklärungsgremium aus Mitgliedern des Verteidigungsausschusses will an sechs Tagen herausarbeiten, wieso die Bestellung der Aufklärungsdrohne Euro Hawk jahrelang bestehen blieb, obwohl sich früh abzeichnete, dass sie nicht fliegen darf. Scharping etwa soll erläutern, wofür die rot-grüne Regierung ab 2001 den Euro Hawk haben wollte. Jung soll sagen, wieso er trotz auftauchender Risiken 2007 den Kaufvertrag mit der US-Firma Northrop Grumman und dem deutsch-europäischen Konzern EADS unterschrieb.

„Bei Scharping werden wir sehen, woran er sich noch so erinnert“, sagte der Grünen-Verteidigungspolitiker Omid Nouripour am Dienstag fast gar nicht süffisant. Die Grünen wollten den Untersuchungsausschuss unbedingt – mussten die SPD aber erst dazu antreiben. „Jetzt ist es so und jetzt mache ich das auch mit Begeisterung“, kommentierte dies der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold.

Die Opposition erhofft sich vom Ausschuss die Gelegenheit, dem amtierenden Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) nachzuweisen, dass er sein Haus nicht im Griff und über Hergang der Stornierung gelogen hat (siehe Spalte rechts). Die CDU wirkte zuletzt allerdings unerschrocken. Der Abgeordnete Markus Grübel erklärte, es sei der CDU nur recht, wenn der Ausschuss öffentlich tage. Dies werde den Umgang der Opposition mit dem Komplex versachlichen. „Möglicherweise lässt sich ein Sinn im Untersuchungsausschuss finden“, ergänzte Grübel, wenn man die Schwachstellen bei der Waffenbeschaffung ausmache, und so künftig die „Risiken für den Bundeshaushalt verringern kann“.

Mindestens mehrere Hundert Millionen Euro mehr

Wie Sinn, Planung und Preisentwicklung von Rüstungsbeschaffungen zusammenhängen, ist – bei allem Wahlkampf – tatsächlich jede öffentliche Erörterung wert. Der Euro Hawk, ein unbemannter Flieger mit 40 Metern Flügelspannweite, sollte der Bundeswehr dazu dienen, aus 20.000 Metern Höhe Daten eines Gegners, etwa Sprechverbindungen, auszuspähen sowie gegnerische Radars zu erkennen. Dass Rot-Grün 2001 diese Beschaffung nötig fand, erklärte der Grüne Nouripour mit Erfahrungen im Kosovokrieg. Etwa die – laut Nato – irrtümliche Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad 1999 hätte demnach mit exakterer Aufklärung vermieden werden können.

Offenbar aber haben die Bundeswehr und der US-Drohnenbauer Northrop Grumman jahrelang aneinander vorbei geredet, wenn es darum ging, ob der Riesenvogel überhaupt im deutschen Luftraum zugelassen werden kann. Ergebnis: Keine Zulassung. Der Bundesrechnungshof kam Anfang Juni zu dem Schluss, dass die Bestellung 2009, spätestens 2011 hätte gestoppt werden müssen, um weitere Kosten für die deutschen Steuerzahler zu vermeiden.

Wie hoch diese Kosten zu veranschlagen ist, darüber gehen die Schätzungen auseinander. Nouripour spricht von bis zu einer Milliarde Euro, da die EADS-Überwachungstechnik nun nur mit großem Aufwand in ein bemanntes Flugzeug – voraussichtlich und sicherlich nicht zufällig auch von EADS – eingebaut werden könne. Arnold nennt „dreistellige Millionenbeträge“. Eine Rolle bei der Kalkulation spielt auch, ob nach den traurigen Euro Hawk-Erfahrungen ein anderes Drohnenprojekt klappt: Die Bundesrepublik ist bei der Beschaffung von „Globak Hawk“-Aufklärungsfliegern für die Nato mit einer halben Milliarde Euro im Wort.

Nicht zuletzt stellt SPD-Mann Arnold auch in Aussicht, dass die von de Maizière (CDU) so dringend gewünschte Kampfdrohne – voraussichtlich der israelische „Heron“ (siehe unten) – an Zulassungsfragen scheitern könnte. Immerhin „sollen auch die im deutschen Luftraum beübt werden“, sagt der SPD-Mann.

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