Amina in Tunesien verhaftet: Femen auf Arabisch geht zu weit

Einer tunesischen Femen-Aktivistin droht Haft. „Wir akzeptieren dieses Außenseiterverhalten nicht“, sagt ein Sprecher des Innenministeriums.

Zeigte sich oben ohne und wurde als „Schlampe“ beschimpft: Amina Bild: ap/CAPA/Canal+

MADRID taz | Mut hat sie, die 19-jährige Tunesierin, die sich Amina Tyler nennt. Die als erste arabische Femen-Aktivistin bekannt gewordene Tunesierin begab sich am Sonntag ausgerechnet nach Kairouan. Dort hatte die salafistische Gruppe Ansar al-Scharia zu ihrem verbotenen Jahreskongress aufgerufen. Sie malte das Wort „Femen“ auf eine Friedhofsmauer unweit des geplanten Tagungsortes der Salafisten, der Moschee Oqba-Ibn-Nafaa.

Amina, deren echter Nachname nicht bekannt ist, wollte anschließend eine Femen-Fahne am Gebäude anbringen. Bevor sie einer Meute aufgebrachter junger Männern in die Hände fiel, wurde sie verhaftet. Die umstehende Menge beschimpfte die junge Frau mit blondgefärbtem Haar und kurzen Hosen als „Schlampe“.

In Kairouan waren am Sonntag insgesamt 11.000 Polizisten im Einsatz, um das Salafistentreffen zu verhindern. In der heiligen Stadt und in Tunis kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen, bei denen ein Anhänger der Salafisten ums Leben kam.

„Die junge Frau wurde unter Anweisung des Innenministeriums in Haft genommen. Unsere Gesellschaft ist islamisch. Wir akzeptieren dieses Außenseiterverhalten nicht“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums.

Jetzt drohen Amina wegen „unmoralischem Verhaltens“ bis zu sechs Monate Gefängnis. Die Tunesische Vereinigung Demokratischer Frauen (ATFD) kündigte an, die Verteidigung von Amina übernehmen zu wollen. Ihre Aktion stelle keinen Gesetzesverstoß dar, sondern „verteidigt die Bürgerrechte“, sagte ATFD-Vorsitzende Ahlem Belhaj.

Islamisten drohen ihr mit dem Tod

Amina hatte schon im März Oben-ohne-Fotos ins Internet gestellt. Ihr Körper zierte der Spruch „Mein Körper gehört mir, er ist niemandes Ehre“ und „Fuck your morals“. Tyler bekannte sich zur ukrainischen Bewegung Femen, die immer wieder durch Oben-ohne-Auftritte für Schlagzeilen sorgt. Seit der Veröffentlichung der Fotos wird die junge Tunesierin von radikalen Islamisten mit dem Tode bedroht. Ihre Familie verschleppte sie und hielt sie im Haus ihrer Großmutter in Kairouan fest, bis ihr vor wenigen Wochen ein Fluchtversuch gelang.

In einem Videogespräch mit einer der Femengründerinnen berichtete Amina nach ihrer Flucht von Schlägen seitens eines Cousins und eines Onkels. Außerdem hätten sie die Frauen der Familie gewaltsam einem Jungfräulichkeitstest unterzogen. „Ich lese nicht den Koran. Ich bin Atheistin. Sie legten mir die Hand auf den Kopf und lasen mit aus dem Koran vor. Sie brachten mich jeden Tag zum Imam“, berichtet die junge Frau. Sie kündigte weitere Aktionen an, „bevor ich Tunesien verlasse“.

Das Schicksal Aminas hat internationale Solidarität hervorgerufen. Dutzende von Frauen stellten eigene Topless-Fotos mit Solidaritätsparolen //www.facebook.com/pages/Amina-Femen-Tunisia/139134719597278:ins Netz. In Paris verbrannten drei barbusige Femen-Aktivistin mit verhülltem Gesicht vor der Großen Moschee eine schwarze Fahne mit der Aufschrift „Es gibt keinen Gott außer Gott und Mohammed ist sein Prophet“, wie sie von de Salafisten benutzt wird. Fotos von der Aktion und von Übergriffen seitens der beiden Moschee-Wächter auf der Seite der Nachrichtenagentur AFP wurden von Facebook zensiert. Es handle sich um einen Verstoß gegen die Regeln hinsichtlich Nacktfotos, hieß es.

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