Jugendmuseum Schöneberg: Ein Bild aus Puzzleteilen

Jugendliche haben Israelis in Berlin getroffen und ihre Eindrücke in Porträts zusammengefasst. Die Ergebnisse gibt es jetzt zu sehen.

Bild: dpa

Wenn sie Deutsche trifft, kommen zuerst immer Fragen zum Holocaust. Dann zum Nahostkonflikt. So war es auch diesmal, als die 34-jährige Israelin Nirit Bialer mit 15 Jugendlichen aus Schöneberg zusammenkam, die bei dem Workshop „Israelis in Berlin“ mitmachten. Was die Jungen und Mädchen erfuhren: Vor sieben Jahren ist Nirit Bialer aus Israel nach Berlin gezogen. Ihre Großeltern waren vor den Nazis aus Deutschland nach Israel geflohen. Sie starben, da war ihre Enkelin Nirit noch klein. „Ich weiß nicht, wie mein Opa und meine Oma reagiert hätten, wenn ich ihnen erzählt hätte, dass ich mich bei einem Jugendaustausch in die Stadt Berlin verliebt habe.“

Nirit Bialer ist eine von neun Israelis, die sich an einem Tag im vergangenen Sommer mit insgesamt 100 Schöneberger SchülerInnen getroffen haben. Die Jugendlichen hatten zuvor im Unterricht Informationen über Israel gesammelt und dann selbst Fragen formuliert zu dem, was sie wissen wollten. Alles war erlaubt, kein Thema von vornherein ausgeschlossen.

Videos und Schautafeln

Was sie besonders beeindruckt hat, kann man ab heute im Jugend Museum in Schöneberg besichtigen. Die Mädchen und Jungen haben nach den Begegnungen mit den Israelis jeweils ein Porträt zusammengestellt: Die für sie wichtigsten Aussagen und Zitate haben sie an großen Stellwänden auf Thementafeln zusammengefasst. Daneben laufen Videos mit Ausschnitten von den Treffen.

Die Schüler fragten beispielsweise, wie Nirit Bialer ihren Militärdienst als Frau erlebt hat. Und sie erfuhren, dass es für sie ein Pflichtdienst war. Sie würde sich nie ihre Uniform voller Stolz an die Wand hängen, was einige der Schüler erwartet hatten. Nächste Frage: Was tut sie, um sich in Berlin wohlzufühlen? Sie fährt nach Wedding oder Neukölln, wo es bunt und laut ist und wo sie in türkischen Läden Lebensmittel wie in der Heimat findet.

Aus den verschiedenen Antworten und Informationen der Israelin setzt sich wie aus Puzzleteilen nach und nach ein Bild zusammen. Wer in Tel Aviv am Strand liegt, vergesse schnell, dass nur eine Stunde entfernt, am Gaza-Streifen, Terror herrsche. Nein, nicht alle Israelis seien jüdisch. Bialer wurde säkular erzogen. Sie habe sich in Berlin zum ersten Mal mit einem Palästinenser angefreundet. Sie arbeite heute bei Jugendprojekten mit und setze sich für den deutsch-israelischen Austausch ein.

Die Antwort auf die Frage, wie sich Nirit Bialer an Deutschland und Berlin anpasst, hat die Jungen und Mädchen besonders beeindruckt: „Ich bin, wie ich bin, und wo ich hinpasse, passe ich hin, und wo nicht, da nicht.“

Vermutlich hatten sie gefragt, weil auch für sie selbst Anpassung ein Thema ist, sagt die Leiterin des Jugendmuseums, Petra Zwaka. Das zeige die Auswahl der Zitate auf den Tafeln. Man erfahre nicht nur etwas über die befragte Person, sondern auch über die Fragenden, sagt Zwaka. „Viele der Kinder haben selbst einen Migrationshintergrund, und was sie von der Ausländerin wissen wollen und wie sie es fragen, sagt viel darüber aus, was sie selbst bewegt.“

Die Werkstattschau „Israelis in Berlin“ ist noch bis zum 31. August im Jugend Museum, Hauptstraße 40/42 in Schöneberg zu sehen. Eintritt frei. www.jugendmuseum.de

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