Mutmaßlicher US-Spion in Moskau: Mission mit blonder Perücke

Russlands Geheimdienst soll einen als Diplomat getarnten CIA-Spitzel aufgespürt haben. Bilder des Mannes wurden vom Staats-TV verbreitet. Die USA reagieren zögerlich.

„Kalter Krieg“ reloaded? So sollen Spitzel heutzutage aussehen. Bild: dpa

MOSKAU/WASHINGTOON dpa | Ein neuer Spionageskandal belastet das Verhältnis zwischen Moskau und Washington: Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat nach eigenen Angaben einen als Diplomaten getarnten CIA-Agenten zeitweilig festgenommen. Der mutmaßliche Spion habe versucht, FSB-Mitarbeiter anzuwerben, die für den Anti-Terror-Kampf in der Kaukasusregion zuständig sind, teilte die Behörde am Dienstag mit.

Bei dem Festgenommenen soll es sich um einen Ryan Fogle handeln, der als Sekretär in der US-Botschaft arbeitet. Das berichtet die Online-Ausgabe der kanadischen Zeitung The Globe and Mail. Aufgrund des diplomatischen Schutzes, den er genießt, durfte er nicht weiter in Haft behalten werden. Moskau erklärte Fogle zur unerwünschten Person und forderte seine schnelle Ausreise. Das russische Außenministerium bestellte den US-Botschafter Michael McFaul für diesen Mittwoch ein.

Die USA reagierten demonstrativ zurückhaltend auf den Spionagevorwurf. Außenamtssprecher Patrick Ventrell sprach in Washington von einem „Zwischenfall“, in den man nicht zu viel hineindeuten dürfe. Er wies Befürchtungen zurück, dass dadurch die amerikanischen und russischen Bemühungen um eine Syrien-Konferenz torpediert werden könnten.

Perücken und Sonnenbrillen sichergestellt

Das sichergestellte „Spionage-Arsenal“ und die große Menge an Bargeld werfe jede Menge Fragen an die USA auf, schrieb das russische Außenministerium auf seiner Internetseite. „Solche provokanten Aktionen im Geiste des 'Kalten Krieges' tragen nicht dazu bei, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen.“ Das bilaterale Verhältnis gilt unter anderem wegen Differenzen in Menschenrechtsfragen sowie unterschiedlicher Ansichten zum Syrienkonflikt als gespannt.

Bei dem mutmaßlichen Agenten wurden nach FSB-Angaben bei dem nächtlichen Zugriff im Südwesten Moskaus ein Anwerbebrief, viel Bargeld sowie Verkleidungen sichergestellt. Die Beamten hätten ihn nach einem stundenlangen Verhör der US-Botschaft übergeben, wo er in der politischen Abteilung arbeite. Botschafter McFaul lehnte einen Kommentar zu dem Vorfall zunächst ab.

Der englischsprachige Staatsfernsehsender Russia Today veröffentlichte im Internet angebliche Fotos der Festnahme und des Beweismaterials. Eine Aufnahme zeigt einen auf dem Boden liegenden Mann mit Baseballcap und blonder Perücke. Auf einem weiteren Bild sieht man ihn ohne Perücke an einem Schreibtisch in den Büros des FSB sitzend.

Als sichergestelltes Material präsentierte der FSB unter anderem Bündel mit 500-Euro-Scheinen sowie Perücken und Sonnenbrillen. In einem Schreiben werde einem Überläufer eine Million US-Dollar Jahresgehalt geboten. „Danke, dass Sie dies lesen. Wir freuen uns auf eine Zusammenarbeit in naher Zukunft. Ihre Freunde“, heißt es in dem fotografierten Brief.

Im bislang spektakulärsten Fall war im Juni 2010 ein russischer Spionagering um die als „Agentin 90-60-90“ bekanntgewordene Anna Chapman aufgeflogen. Die zwölf Verdächtigen wurden bald darauf gegen vier in Russland inhaftierte US-Spione ausgetauscht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.