NSU-Affäre: Henkel ist sauer auf die Polizei

Im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses schimpft der CDU-Innensenator über seine Behörde. Die neue Panne bei der Übermittlung von Informationen sei unentschuldbar.

Und noch eine Panne: Kandt und Henkel zerknirscht. Bild: dpa

Zerknirscht räumte Frank Henkel (CDU) am Montag im Innenausschuss den neuerlichen Fehltritt ein. Nicht mal eine Woche nach der letzten Panne habe die Polizei wieder einen NSU-Hinweis nicht weitergegeben, so der Innensenator. Was folgte, war eine Wutrede. Von „unbegreiflicher Schlamperei“ war die Rede, von einem „nicht zu rechtfertigenden Fehler“.

Wieder geht es um „VP 620“, einen sächsischen Nazi, von 2001 bis 2003 V-Mann des Berliner LKA. Bereits letzte Woche wurde bekannt, dass von dessen sieben Kontakten ins NSU-Umfeld nur zwei dem Bundestags-Untersuchungsausschuss übermittelt wurden. Die anderen sollen versehentlich nicht im Abschlussbericht gelandet sein.

Nun, so Henkel, sei ein weiterer nicht gemeldeter Kontakt aufgefallen. Dabei gehe es um Jan W., der dem NSU Waffen geliefert haben soll. Für Henkel ein Hinweis „ohne Relevanz“ für die Aufklärung. Aber: „Hier hätte eine besondere Sensibilität herrschen müssen.“

„Vertrauen erschüttert“

Diesmal sparte der Senator nicht mit Kritik an der Polizei. Sein Vertrauen in den Staatsschutz sei „schwer erschüttert“. Dass es kein Vieraugenprinzip gab, mache ihn „fassungslos“. "Meine Geduld ist erschöpft." Polizeichef Klaus Kandt und LKA-Leiter Christian Steiof, direkt nebenbei sitzend, ließen die Vorwürfe fast regungslos auf sich einprasseln.

Und Henkel kündigte Einschnitte an. Ab sofort würden alle V-Mann-Akten in der Innenverwaltung nochmals durchgesehen und den Abgeordneten „lückenlos“ bereitgestellt. Im LKA solle es „personelle Konsequenzen“ geben, intern künftig mehr rotiert werden.

Auch die Grünen forderten Konsequenzen. „Die Zeit der Bauernopfer ist vorbei“, rief ihr Innenexperte Benedikt Lux. Henkel selbst trage die Verantwortung: Er habe kein Interesse an Transparenz und zeige „schweres Leitungsversagen“. „Mindestens Ihr überforderter Staatssekretär Krömer ist fällig.“

Seit Wochen wird über einen Rücktritt von Bernd Krömer spekuliert. Er soll, als die Innenverwaltung im März 2012 erfuhr, dass das LKA mit Thomas S. jahrelang einen NSU-Bekannten als V-Mann führte, die Lage falsch eingeschätzt haben. Statt des Untersuchungsausschusses wurde nur die Bundesanwaltschaft informiert. Erst ein halbes Jahr später wurde der V-Mann bekannt – die Berliner NSU-Affäre begann. In der Folge misslang Krömer das Krisenmanagement, immer neue Pannen tauchten auf. Selbst in der CDU klagt man über die wenig kommunikative Arbeitsweise des Staatssekretärs.

Henkel aber hält an Krömer fest, sein Sprecher nannte einen Rücktritt eine „Phantomdiskussion“. "Da steht nichts an."

Auch LKA-Chef Steiof versuchte es noch mit einer Verteidigung. Per Powerpoint erklärte er den aufwendigen „Prüfprozess“. 10.000 Aktenseiten hätten mit fast 300 Namen aus dem NSU-Umfeld abgeglichen werden müssen - neben der sonstigen Arbeit. Jede Akte sei von einem Mitarbeiter ausgewertet worden, „leider nicht von zweien.“ Zusätzliches Personal habe aber gefehlt. „Denken Sie nur an die Rockerlage im letzten Jahr.“ Bei der Opposition gibt's da nur noch Kopfschütteln.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.