Start der 3. Staffel „Game of Thrones“: Die Gegenwart im Kettenhemd

Die Serie „Game of Thrones“ erfreut sich einer wachsenden Fangemeinde – nicht nur in den USA. Die Fantasyfabel spiegelt die Realität der globalen Krise.

Publikumsmagnet „Game of Thrones“: Geköpft wird in mindestens jeder zweiten Folge. Bild: RTL II

Die dritte Staffel von „Game of Thrones“ startet am Osterwochenende. Nach der Schlacht am Schwarzwasser droht in dieser Staffel mit der Roten Hochzeit ein weiteres Gemetzel. Sie wird einer der Höhepunkte der neuen Staffel werden, erwarten die Fans – von denen es viele gibt: Allein die Episoden der Vorgängerstaffel sahen in den USA durchschnittlich mehr als 10 Millionen Zuschauer auf den verschiedenen Kanälen des Pay-TV-Riesen HBO. Aber wieso ist eine Fantasy-Serie mit schwer zugänglicher Handlung so erfolgreich?

„Game of Thrones“ und die mehrteilige Buchvorlage „Das Lied von Eis und Feuer“ von George R. R. Martin klingen erst mal nach typischer Fantasy: Es geht um Ritter, Macht und Drachen. Die einen machen den anderen den Thron streitig, den selbige vorher Dritten abintrigiert hatten.

Die Handlung ist ein dichter Zopf so vieler Stränge, dass sich die Serie nicht für einen Quereinstieg eignet. Diese Geschichte ist nichts für Leute, die schmökern oder einen Fernsehabend rumlümmeln wollen. „Game of Thrones“ ist für diejenigen, denen jeweils 15.000 Seiten in sieben Bänden gerade genug sind. Die Serie baut hier auf den Erfolgen der Bücher auf. Es ist einfach eine gute Story aus einer Welt, die uns bekannt vorkommt.

Es gibt zahlreiche Charaktere, die einladen, sich mit ihnen zu identifizieren. Insbesondere gibt es viele Außenseiter, die bei den Fans gut ankommen. Da gibt es beispielweise Brienne von Tarth, eine wuchtige, unabhängige Ritterin. Brienne habe geschafft, sich durchzubeißen und sich gegen die Männer zu etablieren, sagt die Schauspielerin Gwendoline Christie. Gerade als Frau schaue man sich das natürlich gerne an.

Erlebbarer Zeitenwandel

Auch Männern bietet die Geschichte eine Auswahl an Projektionsflächen. Es gibt etwa Tyrion Lannister, den kleinwüchsigen Onkel in der herrschenden Familie. Körperlich allen weit unterlegen, schlägt er sich durch mittels Charme und Intellekt und kommt bei den Frauen gut an. Und es gibt Jon Schnee, den hübschen Bastardsohn des Nordkönigs, der versucht, inmitten einer Welt von Intrigen und Machtgelüsten ein halbwegs tugendhaftes Leben zu führen.

„Game of Thrones“ ist nicht bloß Fantasy, sondern verfilmt die Gegenwart im Kettenhemd. Denn der Kontinent Westeros erlebt einen Zeitenwandel. Die überlieferte Weltordnung ist zusammen gebrochen. Die Menschen leben unter ständiger Furcht und der drohenden Gefahr eines gewaltsamen Todes. Diese grobe Überzeichnung einer Wirklichkeit, wie sie viele heute empfinden, lädt ein, sich in den Figuren zu erkennen und gleichzeitig in diese brutale, von Schwertern und Ehre getriebene Welt zu flüchten.

Kit Harrington, der Jon Schnee spielt, sieht es so: „Wir leben in sehr harten Zeiten, in denen das Leben für viele nicht einfach ist, zum Beispiel wegen der Finanzkrise, und da wollen die Zuschauer eine gut gemachte Flucht ins Fernsehen.“ Das ist seine Theorie.

Dreiklang von Sex, GEwalt und Macht

Außerdem spielt die Verfilmung von HBO bunte Variationen auf dem Dreiklang von Sex, Gewalt und Macht. Das ist natürlich eine gefällige Harmonie. Zuverlässig führt die Fernsehadaption in jeder Folge wohl ausgeleuchtete, pralle Brüste vor. Und man sieht auch, dass die Welt noch grausamer sein könnte: Ein kräftigen Ruck, schon ist die Zunge dem Rachen entrissen und ein beherzter Hieb mit dem Langschwert, schon gurgelt das Blut in den Matsch. Geköpft wird in mindestens jeder zweiten Folge.

Während die Weltraumserie „Star Trek“ das Ideal entwirft einer friedlichen Föderation, in der aufklärerische Kapitäne recht frei von Eitelkeit ihren Haarausfall, der sich im 24. Jahrhundert sicher kurieren ließe, gar nicht wahrzunehmen scheinen, zeigt uns „Game of Thrones“ den Gegenentwurf: eine Dystopie aus bärtiger Brutalität, Eitelkeit und giftigen Intrigen. Düstere Ideale verkaufen sich momentan offenbar besser.

Ab Montag ist die erste Folge der dritten Staffel von „Game of Thrones“ bei Sky abrufbar. Die synchronisierte, deutsche Fassung wird ab 19. Mai auf dem Sender Sky Atlantic HD ausgestrahlt

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