FDP und Mindestlohn: Liberale wollen fair werden

Die FDP weicht ihren Widerstand gegen den Mindestlohn auf. Eine „branchenspezifische Lösung“ sei für sie vorstellbar. Aber kein Einheitsmindestlohn.

Für 8,50 sieht es ganz gut aus. Bild: dpa

BERLIN reuters | Die Liberalen signalisieren im Streit über Mindestlöhne Entgegenkommen. Die FDP wolle faire Löhne, die dem Gedanken der Leistungsgerechtigkeit entsprächen, sagte der Vorsitzende Philipp Rösler der Süddeutschen Zeitung laut Vorabbericht. Deshalb unterstützten die Liberalen branchenspezifische Lösungen.

Auch Außenminister Guido Westerwelle sagte: „Drei Euro Stundenlohn hat mit Leistungsgerechtigkeit nichts mehr zu tun.“ CDU und CSU erhöhten derweil den Druck auf die Liberalen, ihren Widerstand gegen Mindestlöhne aufzugeben.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle kann sich nach eigenen Worten eine gemeinsame Initiative von Union und FDP noch vor der Wahl im Herbst vorstellen, zumal man sich in der Ablehnung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns einig sei. Dabei müsse die Tarifautonomie gewahrt bleiben. Derzeit profitierten bereits rund vier Millionen Beschäftigte in 13 Branchen von Mindestlöhnen, betonte er.

Rösler sagte, er könne sich „auch ein Mindesteinkommen nach dem Bürgergeldmodell vorstellen“, so wie es im Koalitionsvertrag stehe. Ein flächendeckender gesetzlicher „Einheitsmindestlohn“ sei für die FDP dagegen keine Lösung. Die Gefahr sei zu groß, dass gerade für Jugendliche weitere Hürden zum Arbeitsmarkt errichtet würden.

Mehrere Bundestagsabgeordnete und Landeschefs hatten von der Parteispitze Bewegung beim Thema Mindestlohn verlangt. Sie befürchten angesichts von Verwerfungen bei den Löhnen, dass die Liberalen mit ihrer starren Haltung als arbeitnehmerfeindlich wahrgenommen werden. Zudem herrscht die Sorge, bei dem Thema von der Union wie auch der Opposition im Wahlkampf vorgeführt zu werden.

Entlastung mittlerer Einkommen

FDP-Fraktionsvizechef Martin Lindner knüpfte die Ausweitung der bestehenden Mindestlöhne allerdings an Bedingungen. Wenn die Union nach Branchen und Regionen differenzierte Lohnuntergrenzen wolle, könne man darüber reden. Allerdings müsse man im Gegenzug über Entlastungen für mittlere Einkommen diskutieren. In der BILD brachte der Berliner FDP-Chef etwa die Abschaffung des Solidaritätszuschlags für Jahreseinkommen bis zu 100.000 Euro ins Spiel.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Michael Grosse-Brömer, sagte, die Union sei sich seit langem mit den Liberalen einig, dass man differenzierte Lohnuntergrenzen wolle, die nicht vom Gesetzgeber, sondern von Tarifkommissionen festgelegt werden sollten. Er sehe eine Chance, sich mit der FDP zu verständigen. Ähnlich äußerte sich CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. „Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass wir zu einem Ergebnis kommen,“ sagte sie. Deutlicher war allerdings Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die CDU-Vorsitzende hatte die FDP in den vergangenen Tagen mehrfach gedrängt, die Blockade auszugeben.

SPD und Grüne machen sich für einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro in der Stunde stark. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer kündigte dazu eine Bundesratsinitiative an. Ihr Bundesland werde gemeinsam mit Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Nordhrein-Westfalen und Schleswig-Holstein einen Gesetzentwurf in die Länderkammer einbringen. Der Mindestlohn soll dabei von einer Mindestlohnkommission jährlich festgesetzt werden. Unter dieser Grenze sollen keine Löhne und Gehälter vereinbart werden dürfen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.