Spione gegen Wikileaks: Lizenz zur Heimreise

Agenten des FBI haben versucht, in Island etwas über Wikileaks herauszufinden. Die Regierung in Reykjavik warf sie aus dem Land.

Ich bin wieder hier in meinem Revier. War nie wirklich weg... Bild: rtr

STOCKHOLM taz | August 2011: Auf dem isländischen Flugplatz Keflavík landet ein in den USA registriertes Privatflugzeug. An Bord sind FBI-Agenten, die von Washington den Auftrag haben, in Sachen Wikileaks zu ermitteln. Die Plattform hatte sich in Island als juristische Person registrieren lassen, die Website war ursprünglich über isländische Server lanciert worden, und auf der Insel lebten mehrere führende Wikileaks-AktivistInnen. Über die wollte das FBI offenbar vor Ort Informationen sammeln. Die Agenten nahmen Kontakt mit dem obersten Polizeichef und dem Generalstaatsanwalt auf und baten, ihnen alle einschlägigen Informationen zugänglich zu machen.

Als ein Staatsanwalt misstrauisch wurde und beim Innenministerium nachfragte, ob denn das alles seine Richtigkeit habe, fiel man dort aus allen Wolken. Innenminister Ögmundur Jónasson bestellte die Agenten zu sich, machte ihnen klar, dass Reykjavík es als absolute Frechheit empfinde, wenn eine ausländische Macht unaufgefordert und in aller Heimlichkeit auf Island herumschnüffelt, und forderte sie auf, umgehend ihre Sachen zu packen und das Land zu verlassen.

Später gab es wegen dieses ungebetenen Besuchs dann noch einen formalen Protest gegenüber der US-Regierung. In Washington war man offensichtlich ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass das Nato-Mitglied Island nichts gegen eine solche ungefragte „Zusammenarbeit“ haben werde.

Die Geschichte wurde erst in den vergangenen Woche über den Wikileaks-Sprecher Kristinn Hrafnsson bekannt, der erzählte, er habe aus „sicherer Quelle“ von dem Vorfall erfahren. Einen Tag später kam eine entsprechende Bestätigung von Innenminister Jónasson. „Also ehrlich gesagt bin ich nicht überrascht“, sagt Hrafnsson: „Die führen ja einen ständigen Kampf, um unsere Organisation kaputt zu machen.“ Hrafnsson und die ehemalige Wikileaks-Sprecherin und Parlamentsabgeordnete Birgitta Jónsdóttir loben ausdrücklich die Reaktion von Reykjavík.

Jónsdóttir, die auf Empfehlung des isländischen Außenministeriums seit 2011 keine USA-Reise mehr unternommen hatte, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie wegen „Mittäterschaft“ bei der Verbreitung vertraulicher Dokumente belangt werden könnte, teilte am Freitag mit, dass sie die Reaktion der US-Justiz nun testen und in zwei Monaten erstmals wieder in die USA reisen wolle: um sich mit MenschenrechtsaktivistInnen zu treffen und gegen die Inhaftierung von Bradley Manning zu protestieren.

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