EU-Auflagen für Ratingagenturen: AAA soll an Glanz verlieren

Das EU-Parlament billigt eine Reform der Ratingagenturen. Der Ansatz kommt von der finanzmarktkritischen Organisation „Finance Watch“.

Matte Bestnoten: Ratingagenturen dürfen EU-Staaten nur noch dreimal im Jahr und zu festen Terminen bewerten. Bild: dpa

BRÜSSEL taz | Die Europäische Union unternimmt einen neuen Versuch, die Macht der meist amerikanischen Ratingagenturen zu brechen. Am Mittwoch billigte das Europaparlament eine Reform, die Bewertungen („Ratings“) an bestimmte Termine bindet und eine Haftung für Fehlurteile einführt. Die neuen Auflagen sollen ab dem Frühjahr gelten. Vielen Abgeordneten gehen sie allerdings nicht weit genug.

Vom Urteil der Ratingagenturen hängen ganze Länder und Unternehmen ab. Vor Beginn der Finanzkrise hatten die „großen Drei“ – Moody’s, Fitch und Standard & Poor’s – hochriskante Produkte mit Spitzennoten versehen und so mit zum Crash beigetragen. In der Eurokrise hatten sie eine Lösung immer wieder durch drastische Herabstufungen erschwert. Bisher kamen die umstrittenen Urteile zudem oft kurz vor EU-Gipfeln oder nach harten Sparbeschlüssen.

Das soll künftig nicht mehr möglich sein. Die Agenturen dürfen EU-Staaten nur noch dreimal im Jahr und zu festen Terminen bewerten. Dies ist zudem nur außerhalb der Börsenzeiten erlaubt, zudem müssen die Firmen die Regierungen vorher informieren. Außerdem müssen sie offenlegen, nach welchen Kriterien sie die Bewertung erteilt haben. Die begehrten Spitzenratings (Triple-A) werden durch ein zusätzliches, zahlenbasiertes System ergänzt, das die Gefahr von Zahlungsausfällen darstellt.

Dieser von „Finance Watch“ entwickelte Ansatz soll dafür sorgen, dass die „Triple A“-Bewertung an Bedeutung verliert. Zum ersten Mal sei es damit zumindest teilweise gelungen, eine Forderung von „Finance Watch“ im EU-Recht zu verankern, freute sich der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold, der zu den Mitgründern der finanzmarktkritischen Organisation gehört.

Dritte Reform des Ratings

Bisher profitieren vor allem Deutschland, Finnland und die Niederlande von dem Toprating. Sie arbeiten in der Eurogruppe eng zusammen und geben dort den Ton an. Allerdings äußerten Giegold und andere Europaabgeordnete auch Kritik an der neuen, bereits dritten Reform der Ratings. Die Regierungen hätten einen großen Sprung verhindert, die Marktmacht der Agenturen werde nicht gebrochen, so Giegold. Ähnlich äußerte sich der SPD-Experte Udo Bullmann.

Europa brauche eine eigene, unabhängige Ratingagentur, um den US-Agenturen etwas entgegenzusetzen, sagte er. Doch dies hätten Konservative und Liberale torpediert. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier zeigte sich zufrieden. „Die Entscheidung ist ein weiterer wichtiger Schritt, um die Finanzmärkte strenger zu überwachen und auf die Finanzkrise zu antworten“, sagte der Franzose. Allerdings hatte auch er sich mehr von der Reform versprochen.

Zunächst war geplant, den Ratingagenturen die Bewertung von Ländern, die Notkredite erhalten, zu verbieten – etwa Griechenland oder Portugal. Damit konnte Barnier sich aber nicht durchsetzen. Auch die Idee einer eigenen EU-Ratingagentur liegt auf Eis: Erst 2016 will die Brüsseler Behörde dazu einen Bericht vorlegen. Vielleicht ist dann ja wenigstens die Eurokrise beendet.

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