Djokovic bei den Australian Open: Der eloquente Trödler

Mit neuem Schläger und gut gelaunt geht Titelverteidiger Novak Djokovic in die Australian Open. Zuletzt zeigte der Serbe hier überragendes Tennis.

Hat vor dem ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres nochmal die Akkus aufgeladen: Novak Djokovic. Bild: dpa

MELBOURNE taz | Rennwagen sind für Menschen seiner Größe eher nicht gemacht, doch der Titelverteidiger wand sich halbwegs geschickt aus der schwarz und grau lackierten Karosse und meldete sich zum Dienst. Nein, nicht auf dem Tennisplatz, sondern auf der Bahn des Melbourne Racing Clubs in Sundance vor den Toren der Stadt. Wo sonst Pferde und schräge Hüte zu besichtigen sind, präsentierte Novak Djokovic die neue Wunderwaffe, mit der er bei den am Montag beginnenden Australian Open zum ersten Mal spielen wird.

Um der Welt zu demonstrieren, welch segensreiche Kombination von Härte und geringem Gewicht im neuen Schläger steckt, der aus einer Kohlenstoff-Modifikation namens Graphen besteht, besiegte er den Rennwagen, dem er zuvor entstiegen war. Bei seinem Aufschlag war der Ball in der Luft schneller unterwegs als die Karosse aus Ingolstadt auf der Bahn. Oder auch nicht – so genau ließ sich der Sieger des Wettbewerbes in der Hitze des Tages nicht feststellen, aber darauf kam es irgendwie auch nicht an.

Die Bilder der Veranstaltung landeten flugs im Internet, die damit verbundene Botschaft wurde weltweit zu den Kunden transportiert, und Djokovic machte seine Sache so gut, dass der eigens für den Termin angereiste Repräsentant seiner Tennisschlägerfirma versonnen meinte, einen besseren Mann könne man sich nicht wünschen. Diese Professionalität, diese Eloquenz, diese Klasse!

Der Gelobte ließ sich am Ende mit dem Schläger in der Hand vor dem auf blauem Teppichboden geparkten Rennwagen solange freundlichst fotografieren, bis selbst die Assistentinnen der Veranstaltung das Motiv im Kasten hatten. Danach fuhren alle zufrieden zurück in die Stadt.

Training in der Rod Laver Arena

Am frühen Abend, als die Temperatur nach dem Spitzenwert des Tages von 39,3 um freundliche 15 Grad gesunken war, ging Djokovic dem anderen Teil seiner Beschäftigung nach und trainierte in der Rod Laver Arena. Vor einem Jahr gewann er in diesem Stadion zu nächtlicher Stunde den Titel gegen Rafael Nadal, in einem unvergesslichen Spiel, das fast sechs Stunden dauerte und an Intensität in fünf explosiven Sätzen kaum zu überbieten war.

Die Erinnerung an diese Nacht gehört zu den Juwelen der sehenswerten Sammlung, die Djokovic inzwischen bei den Grand-Slam-Turnieren zusammengetragen hat: drei Titel in Melbourne (2008, 2011 und 2012) und je einer in Wimbledon und New York (2011).

Als Nummer eins der Weltrangliste und der Setzliste führt er auch die Aufstellung der üblichen Verdächtigen unter den Favoriten in diesem Jahr an. Bei der Auslosung, an der Djokovic zwei Stunden vor dem Auftritt auf der Rennbahn persönlich beteiligt war, ergab sich für ihn jedenfalls ein deutlich erfreulicheres Bild als für die Kollegen Federer und Murray, die in einer Hälfte des Tableaus gelandet sind.

Vor allem für Murray, der bei den US Open in New York vor vier Monaten den ersten Grand-Slam-Titel gewonnen hatte, stehen die Zeichen auf Sturm bei möglichen Begegnungen mit Alexander Dolgopolow in der vierten Runde, Juan Martin Del Potro im Viertelfinale und Federer im Halbfinale.

Auftakt gegen Paul-Henri Mathieu

Für Djokovic wird der Marsch am Montag gegen den Franzosen Paul-Henri Mathieu beginnen, im Viertelfinale könnte der Tscheche Tomas Berdych seinen Weg kreuzen, im Halbfinale der im vergangenen Jahr so konstant spielende David Ferrer. Seine Batterie sei aufgeladen, versichert der Titelverteidiger, er habe sich nach dem Ende der vergangenen Saison gut erholt, und er könne es kaum erwarten, zum ersten Spiel in die Rod Laver Arena zurückzukehren.

Ob er gern auf eine Höllentour wie das Finale des vergangenen Jahres gegen Nadal verzichten würde? Keiner spiele gern sechs Stunden, sagt Djokovic, aber vielleicht sei das mit der neuen Regel ja auch nicht mehr möglich. Mit Beginn dieser Saison hat der Stuhl-Schiedsrichter die Möglichkeit, bei einem Spieler, der das Zeitlimit zwischen den Ballwechseln überschreitet, nach einer Verwarnung in jedem weiteren Fall beim ersten Aufschlag auf Fehler zu entscheiden.

Das kommt zwar auf den ersten Blick einer Entschärfung der Regel gleich, die bisher nach einer Verwarnung einen Punktabzug vorsah. Aber da selbst notorische Trödler wie Djokovic oder Nadal fast immer ohne Punktabzug davonkamen, wurde die Regel nun in der Hoffnung verändert, dass die Schiedsrichter die weniger harte Strafe konsequenter anwenden. Mal sehen, was daraus wird; einstweilen ist die Theorie noch so grau wie der Rennwagen, der in Sundance den Wettbewerb verlor.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.