Nahverkehr: Die Grenzen des Pendelns

Eine Internetplattform bietet spezielle Mitfahr-Plattformen für Pendler in Großstädten an. Das Interesse potenzieller Nutzer hält sich in Berlin bislang in Grenzen.

Wie viele Fahrgemeinschaften sind auf diesem Bild zu sehen? Bild: dpa

Die Idee ist nicht neu: Menschen verabreden sich zu einer Fahrgemeinschaft und zuckeln wenig später gemeinsam durchs Land. Mitfahrportale im Internet funktionieren bei Gruppenkarten der Bahn, vor allem aber bei Autofahrten zwischen Großstädten. Rund 650.000 Angebote hält nach eigenen Angaben die Plattform mitfahrgelegenheit.de jederzeit bereit. Seit einigen Monaten bietet die Seite auch spezielle Portale für Ballungsräume in Deutschland – darunter der Großraum Berlin-Brandenburg. Das Interesse daran ist bisher allerdings mäßig.

Von einer „einfachen und gut funktionierenden Lösung“ für die städtische Mobilität spricht das Münchener Unternehmen carpooling, das die Seite mitfahrgelegenheit.de und das Portal für Berlin-Brandenburg anbietet. Seit Juni lassen sich Fahrten hier adressgenau suchen. Freilich wirkt die Maske noch etwas umständlich. Rein innerstädtische Mitfahrgelegenheiten werden erst angezeigt, wenn man eine Fahrt von „Berlin“ nach „Berlin“ eingibt.

Für den 31. Oktober sind am Vortag über 50 Fahrten im Angebot, darunter das Inserat von Christian Witt, der fast täglich zwischen seinem Wohnort in Köpenick und seinem Arbeitsplatz am Hackeschen Markt pendelt. „Ich nutze bereits seit 25 Jahren Mitfahrgelegenheiten“, sagt der 44-Jährige. „Früher als Mitfahrer, jetzt vor allem als Fahrer.“ Doch für sein innerstädtisches Inserat, dass er bereits seit einem Dreivierteljahr anbietet, hat Witt bis heute noch keine Interessenten gefunden. „Vielleicht ist das Ganze bisher zu wenig bekannt“, mutmaßt er.

Ein Zusatzangebot

Es sei richtig, dass das Portal bisher nur wenig genutzt werde, sagt Simon Baumann, Sprecher von carpooling. „Die Vermittlungswahrscheinlichkeit ist bei Kurzstrecken geringer als bei Langstrecken.“ Die Firma verdient vor allem durch die Langstrecken. Einerseits durch Anzeigen, die auf der Seite geschaltet werden, andererseits über das Buchungssystem. Dieses lohnt sich für kurze Strecken in der Stadt kaum. „Die Bezahlung läuft direkt und nicht über die Plattform“, erklärt Baumann. Deshalb seien die Portale für Ballungsräume derzeit nicht primär auf Gewinn ausgerichtet, sondern als „Zusatzangebot“ gedacht.

Gerade in einer Großstadt wie Berlin stellt sich die Frage, wie notwendig ein solches Portal ist. „Ich fahre selber oft S-Bahn, weil die Fahrt mit dem Auto nur 10 Minuten schneller ist“, sagt Pendler Christian Witt. Daniel Hecker bietet seit rund einem Jahr auf dem Portal die Strecke von Schulzendorf bei Grünau in die Bessemerstraße nahe dem Südkreuz an. „Ich finde, es macht wenig Sinn, wenn Leute alleine in ihren Autos sitzen“, sagt Hecker. Zwei Euro will er für die einzelne Strecke haben, für regelmäßige Mitfahrer 8 Euro pro Woche. „Das wäre eine gute Unterstützung bei den Fahrtkosten“. Doch auch Hecker hat bis heute noch keine Interessenten gefunden – und steigt stattdessen auf die Bahn um.

Grundsätzlich sei es gut, wenn Leute sich zu Fahrgemeinschaften zusammenfinden, sagt Dorothee Saar, Leiterin der Abteilung Verkehr und Luftreinhaltung bei der Deutschen Umwelthilfe. „In Berlin mit seinem gut ausgebauten Nahverkehr macht so ein Portal eher wenig Sinn.“ Anders sehe es in ländlichen Gebieten aus, wo das Nahverkehrsangebot beschränkt ist, findet Saar. Die Berliner Verkehrsbetriebe BVG reagieren nicht nur gelassen, sondern sogar aufgeschlossen. "Autos sind grundsätzlich nicht böse - in Fahrgemeinschaften können sie vernünftig sein", sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz zur taz. "Man muss die Mobilität der Zukunft in einem vernünftigen Mix sehen - und da gehören solche Mitfahrportale auch dazu".

Wie viele Leute genau das Berliner Portal bislang genutzt haben, kann er nicht sagen. „Es dürften aber mehrere tausend gewesen sein", sag carpooling-Sprecher Simon Baumann.

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