Neue Koalition in den Niederlanden: Sparen, sparen, sparen

Die neue Koalition in den Niederlanden will in 5 Jahren 16 Milliarden Euro sparen. Die Mieten in Sozialwohnungen sollen steigen, das Arbeitslosengeld sinken.

Lasten „ehrlicher“ verteilen: Samsom und Rutte stellen den Sparpakt vor. Bild: reuters

ARNHEM taz | Die rechtsliberale Partei VVD von Mark Rutte und die sozialdemokratische Partei PvdA von Diederik Samsom wollen in einer großen Koalition die Niederlande reagieren. Sie wollen sparen, reformieren und „Brücken schlagen“, „zwischen Arm und Reich, Jung und Alt“. So steht es im neuen Koalitionsvertrag. 16 Milliarden Euro Einsparungen bis 2017 sieht das nunmehr dritte Sparpakt vor.

Dabei sollen die Lasten ehrlicher verteilt werden. Rutte und Samsom hatten den Koalitionsvertrag am Montag präsentiert. Die Maßnahmen würden alle Niederländer treffen, teilten sie mit. Die beiden Männer strahlten Tatkraft aus. Nach nur 47 Tagen hatten Rutte und Samsom die Verhandlungen abgeschlossen.

Einander „etwas gönnen“ heißt das aktuelle Zauberwort. Rutte und Samsom haben die gegensätzlichen Positionen beider Parteien nicht aufgegeben, aber in einzelnen Bereichen den jeweils anderen zum Zug kommen lassen. Beide brechen Wahlversprechen. Vor allem im Sektor Gesundheit, soziale Absicherung, Wohnen wird es zu bedeutenden Änderungen kommen. Das Tabu der VVD, die steuerliche Begünstigung von Hausbesitzern bei bestehenden Hypotheken nicht anzutasten, ist weg. Auch sollen Niederländer, die in sozialen Mietwohnungen wohnen, einkommensabhängig deutlich mehr Miete zahlen.

In der Gesundheitsvorsorge sollen Krankenkassenbeiträge und der Betrag für das zu tragende eigene Risiko einkommensabhängig werden, ein Wunsch der PvdA. Eine Beihilfe zur medizinischen Versorgung entfällt. 5 Millionen Niederländer profitieren bislang davon. Das Arbeitslosengeld soll gekürzt werden. Eine Mehrwertsteuererhöhung bleibt bestehen. Die Einkommensteuer sinkt.

1 Milliarde Euro weniger Entwicklungshilfe

Weitere bedeutende Punkt sind: Die Niederlande bleiben starke EU-Befürworter, und die Entwicklungshilfe wird um 1 Milliarde Euro gekürzt. Die Regierung Rutte II wird eine andere Ausstrahlung haben, auch personell. Sieben der 20 Minister und Staatssekretäre in spe sind weiblich, das Durchschnittsalter wird um die 50 liegen. Neben Premierminister Rutte, 45, soll der Sozialdemokrat Lodewijk Asscher, 38, Vizepremier werden. Er ist Stadtrat in Amsterdam.

Samsom, 41, der kein Ministeramt übernehmen will, sondern Fraktionsführer bleibt, holt damit seinen parteiintern stärksten Rivalen nach Den Haag. Und eine Frau soll erstmals in der Geschichte der Niederlande Verteidigungsministerin werden: die 39-jährige Rechtsliberale Jeanine Hennis-Plasschaert.

Das neue Kabinett wird wahrscheinlich in der kommenden Woche vereidigt. Die VVD hatten bei den Wahlen am 12. September 41 der 150 Parlamentssitze gewonnen, die PvdA mit dem neuen Spitzenkandidaten Samsom 38. Die frühere Regierung Rutte hatte bereits 18 Milliarden Euro im Staatshaushalt gekürzt, eine Interimskoalition 12 Milliarden gestrichen. Die stärksten Schultern sollen nun die schweren Lasten tragen. Auf die Auswirkungen insgesamt dürften die Niederländer gespannt sein.

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