London subventioniert Nuklearlobby: Blankoschecks für Atomkonzerne

Die Regierung in London hat eine Kehrtwende in der Energiepolitik vollzogen. Neue AKW sollen subventioniert werden – vom Steuerzahler.

Da bröckelt der Putz: Plutoniumschleuder Sellafield Bild: dapd

DUBLIN taz | Die britische Regierung will entgegen ihren bisherigen Beteuerungen Atomkraftwerke subventionieren. Das behaupten britische Energieexperten in einem Brief an den Independent. Demnach sollen Kosten, die über den Voranschlag des Anlagenbetreibers hinausgehen, sowie durch Verzögerungen beim Bau entstehende Kosten aus dem Staatshaushalt bezahlt werden. Damit will die Regierung multinationale Unternehmen animieren, in die zehn geplanten neuen AKWs zu investieren.

„Und das trotz der Tatsache, dass die Kosten für Atomkraftwerke stets außer Kontrolle geraten“, monieren Paul Dorfman von der Universität Warwick und acht weitere Wissenschaftler. Sie verweisen auf aktuelle AKW-Bauten in Finnland und Frankreich: „Beide haben die Kostenvoranschläge massiv überschritten, und bei beiden hat sich der Bau erheblich verzögert.“

Die neuen britischen Atomanlagen wurden 2009 noch von der Labour-Regierung geplant. Ed Miliband, damals Minister für Energie und Klimawandel, sagte, Atomkraft sei „unabdingbar, um den Klimawandel zu bekämpfen“. Sie sei eine „verlässliche und erprobte Quelle kohlendioxidarmer Energie“. Miliband ist heute Labour-Chef. 2003 hatte die Partei Atomkraft noch als „unattraktive Option“ abgelehnt.

Acht der zehn geplanten Standorte liegen neben bereits bestehenden AKWs, zwei neue kommen hinzu: Braystones und Kirksanton, beide in der Grafschaft Cumbria an der britischen „Atomküste“, wo auch die Plutoniumschleuder Sellafield steht. In Kirksanton soll dafür eine der effizientesten Windkraftanlagen demontiert werden.

Eigentlich hatten neben Labour auch die Tories versprochen, Atomkraft nicht zu subventionieren. Aber Anfang des Monats deutete Energieminister John Hayes eine Kehrtwende der Regierungskoalition aus Tories und Liberalen Demokraten an. „Es spricht einiges dafür, zu überlegen, wie man bei den Märkten genügend Vertrauen erweckt, damit man dort anlangt, wo man hinwill“, sagte er.

Hoffnungsvolle AKW-Betreiber

Darauf hofft auch Vincent de Rivaz, Geschäftsführer des französischen Atomkonzerns EDF. Das Unternehmen, das den neuen Atommeiler in Hinkley Point bauen soll, betreibt acht der zehn britischen AKWs, doch die meisten müssen bis 2023 abgeschaltet werden.

Lediglich Sizewell B in Suffolk hat eine längere Laufzeit. De Rivaz sagte am Dienstag, es sei noch offen, ob EDF in das Bauprogramm einsteigt. Er warte auf die Angebote der britischen Regierung. Wichtig sind ihm die Kosten für die Müllbeseitigung und die Stilllegung am Ende der Laufzeit. Außerdem verlangt er Gesetze, die die Verbrennung fossiler Brennstoffe benachteiligen.

Greenpeace-Experte Richard George sagte: „Es ist eine neue Stufe des Verrats dieser Regierung und ihrer chaotischen Energiestrategie, dass sie offiziell Subventionen für die Atomindustrie ablehnt, während sie insgeheim Subventionen plant.“

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