Neonazi-Terror: Ex-Senator klärt nicht auf

Vor dem Innenausschuss muss Ex-Innensenator Ehrhart Körting zu dem aufgeflogenen Berliner V-Mann Thomas S. aussagen. Neue Erkenntnisse: Fehlanzeige.

Bringt kein Licht ins Dunkel: Ehrhart Körting. Bild: dpa

Anderthalb Stunden spricht Ehrhart Körting am Montag im Innenausschuss, langsam, mit knarziger Stimme, fast ohne Mimik. Über V-Leute, über rechtliche Grundlagen. Im Allgemeinen. Von Thomas S. aber, dem mutmaßlichen NSU-Helfer und V-Mann in seiner Amtszeit, von 2000 bis 2011, davon will Körting nichts gewusst haben.

Dass S. 2002 einen Tipp zum Aufenthaltsort des NSU-Trios gab, der im Landeskriminalamt (LKA) versandete, dazu „ist mir nach meiner sicheren Erinnerung nichts vorgelegt worden“, sagt Körting. Er habe auch „keinen Zweifel“, dass dies korrekt war. Denn die V-Mann-Führung sei Aufgabe des LKAs. „Dort sind mir nie Mängel berichtet worden.“

Ob das wirklich alles sei, fragen die Grünen. Seit Wochen schilt die Opposition die Nichtweitergabe von S.’ Hinweis, ebenso wie die chaotische Aktenführung des LKA. Die V-Leute hätten beim NSU „alles nur schlimmer gemacht“, schimpft der Linke Udo Wolf. Sie gehörten abgeschafft.

Körting widerspricht: Die Informanten seien „unverzichtbar“. Sie hätten in seiner Amtszeit Neonazikonzerte oder nicht angemeldete Demonstrationen aufgedeckt. Überhaupt müssten die Konsequenzen aus dem „skandalösen“ Versagen der Sicherheitsbehörden beim NSU „weit über die V-Mann-Führung hinausgehen“, bemerkt Körting.

Das lässt den Grünen Benedikt Lux nun doch loben: Endlich werde „auch mal wieder politisch diskutiert“ – ein Seitenhieb auf den amtierenden Innensenator Frank Henkel (CDU), der erkrankt fehlt. Und dem die Opposition vorwirft, sich herauszuwinden, Thomas S. bis Mitte September verschwiegen zu haben, obwohl er seit März von ihm wusste.

Nur: Auch nach Körtings Auftritt tritt die Aufklärung zum V-Mann auf der Stelle. 130 Fragen reichten Linke und Grüne zu Thomas S. ein. Die beantworten Staatssekretär Bernd Krömer (CDU) und Polizeichefin Margarete Koppers in der Sitzung, Frage um Frage, schier endlos. Gut 50 bleiben offen: Mal sind die Antworten vertraulich, dann stehen noch Untersuchungen einer internen Polizei-Prüfgruppe oder von Henkels Sonderermittler Dirk Feuerberg aus.

Deutlich machen die Antworten immerhin, dass der V-Mann nicht die volle Wahrheit sagte. Von seiner Hilfe für die Rechtsterroristen beim Untertauchen, der Übergabe von Sprengstoff, seiner Liaison mit Beate Zschäpe, davon habe die Polizei erst jetzt erfahren, gesteht Koppers. Auch entspreche die damalige Aktenführung „nicht dem heutigen Standard“.

Der Opposition reicht das nicht. „Sie blockieren“, schimpft die Grüne Clara Herrmann. „Echte Antworten“ habe es nicht gegeben. Pirat Christopher Lauer spricht von einem „unwürdigen“ Vorgehen. Udo Wolf fordert, den Geheimschutz der Akten aufzuheben. „Sonst ist eine demokratische Kontrolle unmöglich.“ Zudem, klagen die Grünen, gewähre Henkel bis heute keine Einsicht in seinen Schriftverkehr mit Polizei und Bundesanwaltschaft.

Krömer verspricht, bis 7. November die Unterlagen zusammenzustellen. Die Frist hat freilich der NSU-Untersuchungsausschuss im Bundestag dem Senat gestellt. Ob der danach noch die zentralen Fragen klärt, warum der NSU-Hinweis versickerte und warum sich Henkel wenig für die NSU-Aufklärung interessierte – fraglich. Bei Körting fragte Henkel jedenfalls nicht nach. Er habe, erzählt Körting, mit dem CDU-Mann seit Ende 2011 oft gesprochen. Über Behindertensport.

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