Arbeitsmarkt in Deutschland: Trotz Abi keine Ausbildung

Mehr als zwei Millionen der 20- bis 34-Jährigen sind ohne Berufsabschluss. Doch nicht alle sind Schulabbrecher, sagt Forscher Günter Walden.

„Das System ist sehr gut“: Walden lobt Ausbildungen in Deutschland. Bild: dpa

taz: Herr Walden, im Bundestag debattiert man über den Export des deutschen Ausbildungssystems in europäische Krisenländer wie Spanien. Ist das duale System, das Lernen in Betrieb und Berufsschule kombiniert, wirklich so gut?

Günter Walden: Das System ist sehr gut. Man kann das an der vergleichsweise geringen Arbeitslosenquote unter Jugendlichen festmachen.

Trotzdem sind 2,2 Millionen 20- bis 34-Jährige ohne Berufsabschluss.

Wir hatten lange eine sehr schwierige Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt. Viele Jugendliche konnten keine Ausbildung machen, obwohl sie das wollten. In den vergangenen zehn Jahren sind immer etwa 15 Prozent einer Gesamtkohorte ohne Ausbildung geblieben.

Wer sind die jungen Menschen ohne Ausbildung? Nur Schulabbrecher?

Es sind natürlich vor allem Jugendliche mit schlechteren schulischen Voraussetzungen. 18 Prozent derjenigen ohne Berufsabschluss haben vorher auch die Schule ohne Abschluss verlassen. Auf der anderen Seite gibt es die Jugendlichen, die einen durchaus guten Schulabschluss haben und trotzdem keine Ausbildung abschließen.

ist Leiter der Abteilung „Sozialwissenschaftliche Grundlagen der Berufsbildung“ beim Bundesinstitut für Berufsbildung. Das BIBB forscht zu Aus- und Weiterbildung.

Wie kommt das?

Da sind zum Beispiel die vielen Studienabbrecher, die anschließend keine betriebliche Ausbildung mehr machen. Sie machen 16 Prozent der Menschen ohne Berufsabschluss aus.

Das Übergangssystem, in dem Jugendliche für eine Ausbildung fit gemacht werden sollen, wird oft als ineffizient kritisiert. Wäre eine Ausbildungsplatzgarantie besser?

Beim Übergangssystem muss man genau unterscheiden. Es gibt Maßnahmen, die zum Beispiel zu einem höheren Bildungsabschluss führen und daher sinnvoll sind für Jugendliche mit schlechtem oder fehlendem Schulabschluss. Wenn die schulischen Voraussetzungen relativ gut sind, die Jugendlichen also direkt eine Ausbildung beginnen könnten, ist das Übergangssystem weniger erfolgreich. Hier sollte man etwas ändern und die Perspektive eines Berufsabschlusses stärker miteinbeziehen. Viele Bundesländer versuchen ja bereits das Übergangssystem neu zu ordnen.

Wird sich der Anteil der Unqualifizierten in Zukunft verändern?

Die Ungelernten haben besonders schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Wir brauchen eine bessere Förderung von Personen, die schlechte schulische Voraussetzungen mitbringen. Und wir brauchen auch eine entsprechende Nachqualifizierung für die Erwachsenen, die heute ohne Ausbildung im Erwerbsleben stehen.

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